Klamme Gemeinden: Notfalls Gebietsreform

TRIER. Leere Stadtsäckel, steigende Sozialausgaben und weg brechende Steuer-Einnahmen ­ die meisten Kommunen pfeifen finanziell aus dem letzten Loch. Über Auswege aus der Krise sprach der TV mit dem Trierer Volkswirtschafts-Professor Martin Junkernheinrich. Der 44-Jährige ist Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der von Finanzminister Hans Eichel eingesetzten Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen.

Jammern die Kommunen nur auf hohem Niveau, oder geht's ihnen wirklich mies? Junkernheinrich: Den meisten geht's wirklich schlecht. Wir werden 2003 das höchste Finanzierungsdefizit haben seit es Kommunen in Deutschland gibt. Warum gehen so viele Kommunen am Krückstock? Junkernheinrich: Unter anderem wegen der konjunkturellen Schwächephase. Aber schon in den gesamten 90-er Jahren gab es Defizite. Das heißt: Die Ausgaben vieler Kommunen sind seit Jahren höher als ihre Einnahmen. Gibt es Licht am Ende des Tunnels? Junkernheinrich: In diesem Jahr wird sich die Situation auf jedem Fall weiter zuspitzen. Dafür werden auch die neuen Ausgaben für die Grundsicherung sorgen. Auf der Ausgabenseite muss dringend für Entlastung gesorgt werden. Auf der Ausgabenseite muss dringend für Entlastung gesorgt werden. Es ist nicht in erster Linie ein Problem fehlender Einnahmen. Welche Lösungs-Vorschläge werden diskutiert? Junkernheinrich: Den Kommunen liegt vor allem die Verbesserung der Steuereinnahmen am Herzen. Sie wollen weg von der schwankenden Gewerbesteuer. Zum anderen fordern sie Entlastungen im sozialen Bereich, weil die Gemeinden nicht für das Problem Dauerarbeitslosigkeit verantwortlich sind. Zudem können den Kommunen nicht ständig neue Aufgaben zugewiesen werden, ohne dass Bund oder Länder für die notwendige Finanzausstattung sorgen. Wird es Änderungen geben? Junkernheinrich: Der Druck ist sehr groß. Ich glaube, dass sowohl auf der steuerlichen Seite wie auch bei der Neuverteilung der Sozialhilfelasten etwas passieren wird. Ich befürchte nur, dass der hinzugewonnene Spielraum der Kommunen durch neue Aufgaben wieder zunichte gemacht wird. Ist die derzeit heftig diskutierte Fusion von Kommunen oder gar Ländern ein möglicher Ausweg aus dem Finanz-Dilemma?Junkernheinrich: Aus ökonomischer Sicht auf jeden Fall. Gerade ein Land wie Rheinland-Pfalz mit vielen kleinen Gemeinden muss über Kooperationen von Kommunen nachdenken ­ notfalls über eine neue Gebietsreform. Auf Bundesebene leisten wir uns 16 Länder. Auch das ist eine teure Sache. Mit Martin Junkernheinrich sprach TV-Redakteur Rolf Seydewitz.

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