Kommt die Besinnung nach dem schwarzen Freitag?

Berlin. Die Neuordnung des Machtverhältnisses von Bund und Ländern ist nach einem beispiellosen Poker gescheitert. Nach einjährigem Ringen in der Föderalismuskommission erklärten die Vorsitzenden Franz Müntefering und Edmund Stoiber die Verhandlungen für geplatzt.

Es sollte ein großer Tag der Politik und der Demokratie werden. Ein historisches Datum. Über ein Jahr lang hatte die "Kombo" (Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung) verhandelt und untersucht, Formulierungen gefunden und wieder verworfen. Es sollte die "Mutter aller Reformen" werden, um Deutschland zukunftsfähig zu machen und schnellere Entscheidungen zu ermöglichen. Doch herausgekommen ist das große Nichts. Kommissionsmitglied Norbert Röttgen (CDU): "Ein Trauerspiel". In einem zentralen Bereich, der Bildungspolitik, war dann das Ende der Fahnenstange erreicht. Die Länder wollten die alleinige Zuständigkeit für die Bildung, "vom Kindergarten bis zu den Hochschulen", so Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU), der gemeinsam mit SPD-Chef Franz Müntefering die Kommission (32 Mitglieder aus Bundestag und Bundesrat) geleitet hatte. Der Bund indes beharrte auf wesentlichen Mitspracherechten: Bei den Zugangsvoraussetzungen für die Universitäten, bei den Abschlüssen und der Bildungsplanung. Das wollten oder konnten die meisten Ministerpräsidenten nicht akzeptieren. Auch nach stundenlangen Einzelgesprächen am Donnerstag Abend, Freitag Morgen und nochmals am Nachmittag vermochten Stoiber und Müntefering den gordischen Knoten nicht zu durchschlagen. Schließlich resignierten sie und teilten vor der Kommission das ernüchternde Ergebnis mit. Schon Stunden zuvor, als sich das Desaster abzeichnete, gingen die gegenseitigen Schuldzuweisungen los. Jede Seite wies der anderen die Verantwortung zu. Die Länder hätten doch "erhebliche Zugeständnisse" gemacht, sagte Stoiber. Die Länder hätten sich in der Bildungsfrage nicht bewegt, sagte dagegen Müntefering. Einige selbstkritische Abgeordnete wie der Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz (SPD) wollten es gar nicht wahrhaben: "Wir haben uns zu 95 Prozent geeinigt. Das darf man doch nicht scheitern lassen!" Der CDU-Rechtsexperte Norbert Röttgen sah düstere Wolken am politischen Horizont und prophezeite "eine Verhärtung im Bund-Länder-Verhältnis". Katzenjammer auch bei Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der nun auf die seine erwünschte "Berlin-Klausel" (der Bund verpflichtet sich zur seiner Verantwortung für die Hauptstadt) verzichten muss: "Das war eine einmalige Chance, die für viele Jahre nicht mehr möglich ist." Nun ist der Frust groß, denn allen Unkenrufen zum Trotz hatte sich die "Kombo" auf eine ganze Reihe von Entflechtungen und neuen Zuständigkeiten geeinigt. So wären die Zustimmungsrechte des Bundesrates gestutzt und von 60 auf rund 35 Prozent reduziert worden. Man wollte die Mischfinanzierungen verringern und Steuern tauschen (Bund bekommt KFZ-Steuer, die Länder dafür die Versicherungssteuer). Selbst in der Frage des EU-Stabilitätspaktes war man sich nah gekommen, die Länder wollten sich angemessen an möglichen Strafzahlungen beteiligen. Ferner sollten die Bundesländer alleine zuständig sein für Ladenschluss, Gaststättenrecht, Strafvollzug und anderes, während der Bund die Kompetenzen für Waffen- und Sprengstoffrecht und die Atomenergie bekommen hätte. Doch damit wird es, vorerst jedenfalls, nichts mehr.

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