Kunden unter Strom

Verbraucherschützer raten zum Wechsel des Stromanbieters. Die Kunden sollen ein Zeichen setzen gegen ständige Preissteigerungen. Doch noch hält sich der Wechselwille der Verbraucher in Grenzen.

Trier. Den Stromanbieter zu wechseln ist doch ganz einfach. Das dachte sich auch Manfred Settinger aus Ockfen (Trier-Saarburg). Er kündigte seinen Vertrag mit dem Stromkonzern RWE und wollte zu 123energie, einer Tochter der Ludwigshafener Pfalzwerke, wechseln. Doch RWE hat laut dem Schreiben des pfälzischen Stromlieferanten eine Lieferung von 123energie abgelehnt. Manfred Settinger ist sauer: "Ich werde diesen Monopol-Terror des RWE nicht akzeptieren." Offenbar versuchen die Energiekonzerne, wechselwilligen Kunden immer öfter Steine in den Weg zu legen, entweder durch extrem lang dauernde Vertragskündigungsfristen oder eben durch fadenscheinige Ablehnungen von Konkurrenten. "Das ist nicht zulässig", sagt Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher. Auch er betrachtet das Gebaren der vier großen Konzerne mit zunehmendem Misstrauen. Seit langem fordert er, das Stromnetz in Deutschland zu zerschlagen. Denn echten Wettbewerb gibt es nicht. Fast das gesamte Stromnetz ist in der Hand der Energieriesen. Nicht nur das: Sie erzeugen auch fast den gesamten Strom in Deutschland. Daher können RWE, Eon, Enbw und Vattenfall die Preise bestimmen. Regionale Versorger, wie Stadtwerke, sind genauso von den Konzernen abhängig wie Konkurrenten. Das ist auch der Grund, warum ein Anbieterwechsel nicht immer viel Geld spart. Trotzdem rät Peters dazu, ein Zeichen zu setzen: "Der Wechsel des Stromanbieters ist ein politisches Zeichen. Die Verbraucher müssen zeigen, dass sie die Preistreiberei der Konzerne nicht mehr länger mitmachen wollen." Doch bislang hat erst knapp ein Zehntel der Bundesbürger den Anbieter gewechselt hat. Zum anderen liegt es aber auch daran, dass RWE, Enbw und Eon mit eigenen Billigstromanbietern auf dem Markt sind und so viele Kunden trotz Wechsels bei ihnen bleiben. So sinddie RWE-Tochter Eprimo und der Enbw-Ableger "E wie einfach" um fast 30 Euro billiger als das günstigste Angebot der Trierer Stadtwerke (bei 5000 Kilowattstunden pro Jahr). Die stecken Teile der Gewinne in einen Billigstromanbieter und fangen damit den Kundenverlust der Muttergesellschaft auf. Yellow, eine 100-prozentige Tochter des baden-württembergischen Enbw-Konzerns, gehört mittlerweile zu den zehnt größten Stromanbietern Deutschlands. Die Konzerne sind lernfähig. Immerhin will RWE die neuesten Preiserhöhungen seinen Kunden darstellen und begründen, sagte vor einigen Tagen RWE-Chef Jürgen Großmann. Meinung Saft abdrehen Die Wut ist groß, doch vielen Verbrauchern fehlt noch immer der Mut. Sie wollen den Energiekonzernen einen Denkzettel verpassen, sind aber zu bequem, ihnen den Rücken zu kehren. Kein Wunder dass RWE, Eon und Co. weiter auf ihren hohen Rössern sitzen und die Preise diktieren. Vor den Kunden brauchen sie keine Angst zu haben. Wie groß die Macht der Verbraucher ist, zeigt sich bei Vattenfall. In Scharen sind dem Konzern die Kunden weggelaufen, das Image des schwedischen Konzerns ist nicht zuletzt durch Pannen in Atomkraftwerken ruiniert. Doch die Konkurrenz scheint sich dadurch wenig beeindrucken zu lassen. Sie dreht mal wieder kräftig an der Preisschraube und kündigt an, dass Strom noch teurer werden muss. Schluss damit. Dreht den Konzernen den Saft ab. Die Politik muss endlich ernst machen mit mehr Wettbewerb. Das Stromnetz darf nicht mehr länger in den Händen der vier Konzerne bleiben. Und die Kunden müssen endlich der ständigen Preistreiberei die rote Karte zeigen. Nur dann bewegt sich was. Stromwechsel Preise vergleichen zum Beispiel mit einem Strompreisrechner im Internet (dazu braucht man seinen Jahresverbrauch, der auf der letzten Stromabrechnung steht). Keine Vertragszeit über ein Jahr abschließen. Auf möglichst kurze Kündigungsfrist achten. Vorauszahlungen und sogenannte Paketpreise (Einkauf einer vorab vereinbarten Strommenge) vermeiden. Bei einem Vertragsabschluss regelt der neue Anbieter alles weitere, auch die Kündigung beim bisherigen Stromlieferanten. (wie)

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