Liebe zum alten Handwerk

IGEL. Drei Kinder hat sie geboren und aufgezogen. Jetzt ist Gudrun Mandel wieder in ihren alten Beruf zurückgekehrt und hat im Uhrmacher-Handwerk ihren Meister gemacht.

Gudrun Mandel hat getan, was immer noch die meisten Frauen tun, wenn Kinder kommen. Sie ist zuhause geblieben, hat den Haushalt geführt und die Kinder versorgt. Jetzt sind die groß. Zeit für die 40-Jährige, sich wieder im erlernten Beruf zu orientieren. Da sei sie vor drei Jahren einfach ins kalte Wasser gesprungen und habe mit der Meister-Ausbildung begonnen. Die Gesellenprüfung lag da schon fast 20 Jahre zurück. Zum eigenen Erstaunen hatte sie nichts verlernt. Ja, sie hat sogar den Eindruck, dass die sieben jüngeren Kollegen in ihrer Klasse deutlich schlechter ausgebildet worden seien als sie Anfang der 80er Jahre. Das Uhrmacher-Handwerk sei ein stagnierendes Gewerbe. Inzwischen finde, soweit sie sehe, im Trierer Bezirk überhaupt keine Gesellenausbildung mehr statt. Fachkräfte würden rar und man habe sich in der Vergangenheit zudem falsch orientiert. Der Service müsse obenan stehen, nicht der Verkauf. So gesehen hat der Berufszweig allerdings doch Zukunft. Die traditionellen Werke, vor allem bei historischen Großuhren, wollen betreut und gewartet werden.Eine besondere Herausforderung

Da sieht Gudrun Mandel ihre Herausforderung, und auch wenig Leidenschaft spielt mit. Es ist die Liebe zu einem Handwerk, das ganz am Beginn der Neuzeit stand, die Lust an der Mechanik, die Freude zu ordnen, zu erfinden, zu konstruieren und im Ergebnis die schwankende Zeit nach einer einheitlichen Größe zu bestimmen. Der genaue Blick sei notwendig, das Fingerspitzengefühl für die Feinarbeit unter dem Lupe, und man müsse Spürsinn und Neugier entwickeln. Dann zeigt sie ihr Meisterstück, eine Tischuhr mit offen liegendem Werk. Oben pulsiert die Unruhe, als wäre sie lebendig. Uhrmacherin sein, heißt mehr als nur mit winzigen Zahnrädchen zu hantieren. "Wir gehören zum Metall verarbeitenden Gewerbe", sagt Gudrun Mandel. Das bedeutet: Teile müssen bis zur Glut erhitzt, gehärtet und dann bei der genau passenden Temperatur bearbeitet werden. Dann zeigt sie auf die Welle, die den Minutenzeiger in ihrer Meister-Uhr führt. Die sei schwierig herzustellen, denn sie verbiege sich rasch und ist dann nicht mehr zu gebrauchen. Im Februar dieses Jahres ist Gudrun Mandel Uhrmachermeisterin geworden. Sie arbeitet in Teilzeit im Betrieb des Vaters. Der ist schon 75 und noch kein bisschen pensionsreif. Und wenn er mal abtreten sollte, sind sie und ihre Schwester da. Die Frage, wie sie denn in der Männergesellschaft des Handwerks zurechtkommt, wird da bedeutungslos. Kein Problem. Und außerdem: "Mit Männern lässt sich sehr gut arbeiten."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort