"Man lernt nie aus"

TRIER. Nachwuchssorgen scheint das Handwerk in der Region nicht zu haben: Mehr als 250 Gesellen haben 2005 eine Meisterausbildung gestartet – 20 Prozent mehr als im letzten Jahr. Ein positives Zeichen, auch für die Absolventen des letzten Jahres, die heute Abend ihren Meisterbrief bekommen.

Manuela Schönborn aus Zeltingen im Kreis Bernkastel-Wittlich ist eine der neuen Meisterinnen. Erst 23 Jahre alt, legte sie im Herbst vergangenen Jahres ihre Prüfung als Maler- und Lackierermeisterin mit Auszeichnung ab. Den Meisterbrief machte sie mehr aus persönlichen als aus beruflichen Gründen: "Ich mache meine Arbeit gut und habe Spaß daran. Ich dachte mir: Mach' was draus!" Anderthalb Jahre lang dauerte die Ausbildung, die parallel zur Arbeit stattfand. "Montags, nach der Arbeit im Betrieb, musste ich noch einmal die Schulbank drücken, jeden Samstag Kurse absolvieren. Dabei ist mir die Prüfung relativ leicht gefallen, da ich noch nichts so lange aus dem Schulalltag heraus bin." Schönborn will weiter in dem Betrieb arbeiten, in dem sie auch als Gesellin angestellt war. Einen anderen Weg geht da Steinmetz-Meister Henning Wirtz. Auch der 34-Jährige hat im letzten Jahr seine Meisterprüfung abgelegt und bekommt heute Abend im offiziellen Rahmen seinen Brief überreicht. Mit einer Sondergenehmigung und der Auflage, die Meisterprüfung nachzuholen, durfte Wirtz schon vorher einen Betrieb für Denkmalpflege leiten. "Wir haben Aufträge quer durch das Bistum ausgeführt, konnten uns am Trierer Dom und der Liebfrauenkirche bewähren", sagt Wirtz. Für die Meisterprüfung lernte er nach der Arbeit. "Das war ziemlich anstrengend und hat sich dreieinhalb Jahre hingezogen, denn gleichzeitig war ja auch noch ein Betrieb zu führen." Nach der bestandenen Prüfung wagte er Anfang dieses Jahres den nächsten Schritt: In Trier-Ehrang gründete er seinen eigenen Steinmetzbetrieb. "Ich-AGs, Eigenverantwortung, sich selber absichern - es bleibt vielen nichts anderes übrig, als sich selbstständig zu machen. Ansonsten droht heute Arbeitslosigkeit oder jedes Jahr ein Arbeitsplatzwechsel", sagt Wirtz. Auch Günther Behr, Geschäftsführer der Trierer Handwerkskammer, ist vom Stellenwert des Meisterbriefes überzeugt: "Die Meisterprüfung ist keine Hürde, sondern die beste Voraussetzung für eine Existenzgründung. Letztlich wird sich auch in den novellierten Berufen Kompetenz durchsetzten." Mit der Novellierung der Handwerksordnungen wurde 2004 in zahlreichen Handwerksberufen ermöglicht, ohne Meisterbrief einen Betrieb zu gründen. Um einen Steinmetzbetrieb führen zu dürfen, muss nach wie vor eine umfangreiche Meisterprüfung abgelegt werden - und manchmal sind auch Qualifikationen gefragt, die über die Ausbildung hinaus gehen. In einem Betrieb, der sich auf Grabmale spezialisiert hat, müsse man auch immer ein Stück Trauerarbeit leisten, sagt Henning Wirtz, man müsse auf die Kunden eingehen können und Vertrauen schaffen. "Ein Grabstein ist nie nur ein Stein, sondern immer etwas Persönliches." Wirtz ist mit Leib und Seele Steinmetz. Sein Wissen und seine Begeisterung will er auch an den Nachwuchs weitergeben, im nächsten Jahr vielleicht einen Azubi einstellen: "Es ist verdammt schwer für die jungen Hauptschulabsolventen. Aber man muss ihnen die Chance geben, eine sinnvolle und erfüllende Arbeit zu lernen - so wie ich."

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