Mehr als ein Versprechen

BERLIN/TRIER. In Berlin haben gestern Wirtschaft und Bundesregierung den Ausbildungspakt geschlossen. Während die Unterzeichner zufrieden sind, kritisiert der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) die freiwillige Verpflichtung. In der Region Trier wird der Pakt ebenfalls unterschiedlich bewertet.

Die Wirtschaft verpflichtet sich in den kommenden drei Jahren "gemeinsam und verbindlich, in enger Zusammenarbeit mit den Ländern allen ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen jungen Menschen ein Angebot auf Ausbildung zu unterbreiten", heißt es in dem Pakt. Die Unternehmen wollen im Jahresdurchschnitt 30 000 neue Lehrstellen schaffen. Zudem verspricht die Wirtschaft, 25 000 einjährige Betriebspraktika einzurichten. Die Regierung willigt im Gegenzug ein, die Gesetzgebung für eine Ausbildungsumlage bis Ende 2005 auf Eis zu legen. In einer Sonder-Vollversammlung stimmte der Deutsche Industrie- und Handelskammertages (DIHK) dem unmittelbar vor der Unterzeichnung im Kanzleramt einstimmig zu. Die zugesagten 30 000 neuen Lehrstellen sollen die aus wirtschaftlichen Gründen wegfallenden Ausbildungsplätze weitgehend kompensieren und die Gesamtzahl der Stellen "möglichst erhöhen", heißt es in dem Dokument. Von den beiden Wirtschaftskammern im Bereich Trier gab es Beifall für die Entscheidung. Wolfgang Natus, Präsident der Industrie- und Handelskammer Trier (IHK), hatte in Berlin an der DIHK-Sitzung teilgenommen und sagte dem TV: "Die IHK-Organisation mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) an der Spitze hat erfolgreich diesen Pakt ausverhandelt. Es ist eine vernünftige Lösung, auf deren Basis wir nun wieder konzentriert auch in unserer Region für mehr Ausbildungsplätze werben können."Gewerkschaft ist unzufrieden

Handwerkskammer-Geschäftsführer Günther Behr sieht die Situation ähnlich: "Die Ausbildungsmarktprobleme können nicht durch eine bürokratische Ausbildungsplatzabgabe, sondern nur durch eine konstruktive Zusammenarbeit aller Beteiligten vor Ort gelöst werden. Bestes Beispiel hierfür ist gerade die Region Trier und die Aktion ,Ausbildung Jetzt!'." Selbst der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in der Region Trier, Karl-Heinz Päulgen, sieht die Region in einer Sonderstellung: "Bisher sind wir mit einem blauen Auge davongekommen." Mit Blick auf die Ausbildungsplatzsituation in Deutschland ist der DGB-Chef aus Trier anderer Meinung. "Ich habe wenig Vertrauen in das Abkommen, es ist eine reine Absichtserklärung und was die Wert sind, wissen wir seit langem." Auch DGB-Chef Michael Sommer hält dagegen eine gesetzliche Umlage nach wie vor für notwendig. "Es ist falsch, durch diesen Ausbildungspakt den Druck von den Arbeitgebern zu nehmen, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden", sagte Sommer. Nur durch den Gesetzentwurf zur Ausbildungsumlage habe die Wirtschaft überhaupt Zusagen für zusätzliche Ausbildungsplätze gemacht. "Das ist der Beweis dafür, wie notwendig ein solches Gesetz ist." In der Region Trier sind derzeit noch rund 1116 unversorgte Bewerber auf der Suche nach einer Lehrstelle. Dem gegenüber sind aber auch noch 929 gemeldete Lehrstellen nicht besetzt. Im vergangenen Jahr standen zu diesem Zeitpunkt 1000 Bewerbern rund 935 offene Stellen gegenüber. Anton Thull von der Agentur für Arbeit in Trier relativiert die Zahlen. "Wir müssen berücksichtigen, dass nur etwa 70 Prozent der Betriebe über die Agentur für Arbeit Lehrstellenbewerber suchen. Von den Bewerbern haben sich dagegen deutlich über 90 Prozent bei uns gemeldet." Im vergangenen Jahr schafften es Wirtschaft und Agentur für Arbeit in der Region Trier, jedem Jugendlichen, der ausbildungsfähig und -willig war, eine Lehrstelle anzubieten. Schon damals gaben die beiden Wirtschaftskammern eine Garantie ab und betreuten in einer Schlussspurt-Börse alle Schulabgänger, die noch keine Lehrstelle gefunden hatten.

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