Mehrheit lehnt Ausnahmen ab

Berlin · Zweieinhalb Jahre nach Einführung sind 85 Prozent der Deutschen für die Lohnuntergrenze. Immer mehr Unions- und FDP-Anhänger loben den Mindestlohn.

Berlin Als 2015 der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro (jetzt 8,84 Euro) die Stunde eingeführt wurde, sahen die einen darin einen Jobkiller, die anderen einen Schritt zu mehr Lohngerechtigkeit.
Fakt ist, dass sich Horrorszenarien nicht bewahrheitet haben. Nach einer neuen Umfrage des Instituts Infratest dimap von Anfang Juli halten 85 Prozent der Deutschen die Einführung für richtig. Vor allem bei Unions- und FDP-Anhängern ist die Zustimmung gestiegen. Die repräsentative Umfrage unter 1006 Wahlberechtigten ab 18 Jahren wurde vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) in Auftrag gegeben. Die Zahlen liegen unserer Redaktion vor. Demnach sind nur 13 Prozent der Bürger grundsätzlich gegen den Mindestlohn. Das hat sich seit 2015 kaum verändert. Auffallend sind aber die Verschiebungen unter den Parteianhängern. So ist die Zahl der Befürworter bei SPD-Sympathisanten von 94 Prozent im Jahr 2015 auf 85 Prozent zurückgegangen, bei den Linken von 92 auf 89 Prozent. Ursache könnte Unzufriedenheit mit der Höhe des Mindestlohns sein, vermuten Experten.
Demgegenüber ist die Zustimmung bei Unions- und FDP-Wählern deutlich gewachsen: 83 Prozent der Anhänger von CDU und CSU finden den gesetzlichen Mindestlohn richtig, 2015 waren es 79 Prozent. Bei den Liberalen unterstützen inzwischen 82 Prozent die gesetzliche Lohnuntergrenze - ein Plus von 19 Prozentpunkten. Die höchste Rate der Befürworter findet sich bei den Grünen: 96 Prozent finden den Mindestlohn richtig (2015: 91 Prozent). Bei der AfD sind es 77 Prozent.

Die Entwicklung sei "erfreulich", so DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell zu unserer Redaktion. Gleichwohl scheine die Akzeptanz insbesondere bei den FDP-Anhängern immer noch "stark verknüpft zu sein mit den Möglichkeiten, bestimmte Personengruppen vom Mindestlohn auszunehmen". Laut Umfrage halten 58 Prozent der FDP-Sympathisanten die bestehenden Ausnahmeregelungen für angemessen - allerdings waren es 2015 noch 63 Prozent. Bei den Unionsanhängern halten sich Kritiker und Fürsprecher nach wie vor die Waage. Insgesamt lehnen 58 Prozent der Deutschen diese Ausnahmen ab. Laut Gesetz bekommen Langzeitarbeitslose bei einem beruflichen Wiedereinstieg erst nach sechs Monaten den Mindestlohn, und auch für Jugendliche unter 18 Jahren gelten Einschränkungen.

Des Öfteren sorgten in der Vergangenheit Berichte für Schlagzeilen, Arbeitgeber würden den Mindestlohn trickreich umgehen. Laut Umfrage kennen 21 Prozent der Befragten solche Fälle, drei Prozent sind selbst betroffen gewesen. Nach Ansicht des DGB müssen deshalb die Kontrollen verstärkt werden, "um den schwarzen Schafen unter den Arbeitgebern deutlich zu machen, dass Mindestlohnverstöße keine Bagatellen sind und entsprechend sanktioniert werden". Körzell forderte, das Personal der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) endlich auf 10 000 Stellen aufzustocken. Derzeit sind bundesweit rund 6700 Kräfte im Einsatz.

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