Milchbauern geschockt

Die Lage der Milchbauern ist dramatisch. Rund 20 Cent bekommen sie für den Liter Milch, den sie an die Molkereien abliefern. Zu wenig zum Überleben, sind sich Experten einig. Nun hat zudem das Oberlandesgericht Düsseldorf geurteilt, dass der Aufruf zum Milch-Lieferboykott durch den Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) ein Verstoß gegen das Kartellrecht war.

Düsseldorf/Trier. Für viele Milchbauern in der Region ist das Urteil des Oberlandesgerichtes Düsseldorf ein herber Rückschlag. Als sie im April 2008 für Milchpreise von 40 Cent protestierten, bekamen sie noch 30 Cent ausgezahlt. Derzeit müssen sie mit 20 Cent Milchpreis überleben. Nun gehen Experten davon aus, dass spätestens Ende des Jahre viele Höfe vor dem Ruin stehen.

Nach dem Urteil aus Düsseldorf gehen die Chancen auf einen neuen Milchboykott gegen null. Der BDM-Landesvorsitzende Kurt Kootz aus Obergeckler (Eifelkreis Bitburg-Prüm) ist entsprechend enttäuscht. Dabei könnten die Forderungen deutscher Milchbauern, die Milchmenge zurückzufahren, aus dem Ausland Unterstützung bekommen. Schon heute will der European Milkboard (europäischer Milchverband) über mögliche Blockaden- und Boykott-Aktionen abstimmen. Der Präsident der belgischen Milcherzeuger-Interessengemeinschaft (MIG), Erwin Schöpges, sagte, Belgien werde sich anschließen und plane mit Luxemburger Kollegen für Freitag eine größere Protest-Aktion im ostbelgischen Steinebrück. "Wir werden mit Schleppern die Autobahn komplett dicht machen", sagte Schöpges. Erwartet werden mehrere Hundert Traktoren. "Dieses Mal wird der Lieferstreik länger andauern", sagte der Belgier.

"Der BDM wird nicht zu einer solchen Aktion aufrufen oder eine solche Aktion organisieren", sagte Kootz. Was nicht ausschließe, dass der ein oder andere Bauer sich den Kollegen anschließe. "Ich werde auch zu den Kollegen fahren. Denn Protest und freie Meinungsäußerung ist ja nicht verboten", sagte der Milchbauer aus der Eifel.

Insgesamt sind viele Landwirte aus der Region über Milchpreis und Urteil sauer: "Uns nimmt man an die Kandare, und der Handel kann die Preise vorgeben, wie er will", so ein BDM-Mitglied, zum TV. extra Die Milchquote spielt in der Diskussion um den Milchpreis eine wichtige Rolle. Am 2. April 1984 trat die Milchmengenregelung in Kraft. Von da an wurde in der EU jedem einzelnen Milcherzeuger eine festgeschriebene Referenzmenge (Milchquote) zugeordnet. Wer innerhalb eines Milchjahres (01.04. - 31.03.) diese Quote überschreitet, muss eine "Strafe" zahlen, die sogenannte Superabgabe. In Deutschland ist die Quote auf die Einzelbetriebe umgelegt, in anderen Ländern, etwa Frankreich, auf Molkereien. Die EU-Agrarminister haben nun beschlossen, dass die Mengenbegrenzung zunächst angehoben wird und 2015 ganz wegfällt. Der BDM drängt derzeit darauf, dass die Milchmenge reduziert wird, damit sich die Preise stabilisieren. Doch bisher gibt es auf EU-Seite dafür keine Mehrheiten. Nach EU-Willen soll die Quote von 2009 bis 2013 jährlich um ein Prozent wachsen.

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