Mindestlohn nur der erste Schritt

Trier · Kaum ist er da, schon wird ihm zugesetzt: Der Mindestlohn und die Angriffe auf ihn sind beim Frühjahrsempfang des DGB Region Trier in der Alten Färberei ein wiederkehrendes Thema gewesen. Und Redner wie die stellvertretende Bundesvorsitzende erinnerten daran, dass die Griechen nicht nur finanziell in der Klemme sitzen.

Mit roten Streikschürzen bekleidet, gehen die Mitarbeiter von Franklin Electric im Oktober 2014 in den Ausstand. TV-Foto: Archiv/Klaus Kimmling

Mit roten Streikschürzen bekleidet, gehen die Mitarbeiter von Franklin Electric im Oktober 2014 in den Ausstand. TV-Foto: Archiv/Klaus Kimmling

Trier. Die Grippewelle hat unerbittlich zugeschlagen: Beim Frühjahrsempfang des DGB in der Region Trier sind trotz über 100 Besuchern doch einige Stühle leer geblieben in der Alten Färberei auf dem Bobinet-Gelände in Trier-West, wo die Veranstaltung erstmals logiert. Auch die Ministerpräsidentin Malu Dreyer und ihr OB-Ehemann lassen sich entschuldigen.
Doch Christian Z. Schmitz kann das nicht nachhaltig die Laune trüben - schließlich gibt es einen virtuellen Gaststar, den der einladende DGB-Regionsgeschäftsführer genauso wie alle anderen Redner ausdrücklich begrüßt: Der Mindestlohn, dessen Einrichtung nicht nur auf den vorigen Empfängen noch vehement gefordert wurde.
"Die 8,50 Euro sind nur der Einstieg", stellt die stellvertretende DGB-Bundesvorsitzende Elke Hannack aber in ihrer Rede fest - schließlich sei das "entschieden zu wenig für ein gutes Leben". Sie empört sich über die Versuche mancher Arbeitgeber, den Mindestlohn zu umgehen - etwa, in dem sie Teile des Lohns als Naturalien auszahlen wollen. Eine entsprechende Telefonberatung des DGB verzeichne täglich rund 200 Anrufer. Die neue Regelung müsse kontrolliert und Verstöße auch sanktioniert werden: Die 1600 dafür von der Politik in Aussicht gestellten neuen Stellen seien zu wenig. "Wir fordern 3000 - sie sind bitter nötig!", sagt Hannack in Trier.
Die Versuche, etwa von Arbeitgeberseite, das Gesetz kurz nach Zustandekommen bereits wieder durch etliche Ausnahmeregelungen zu untergraben, regt nicht nur Hannack auf - sondern auch den in Vertretung der Ministerpräsidentin sprechenden Staatssekretär David Langner. Es sei "nun wirklich kein Hexenwerk, etwa Arbeitszeiten zu dokumentieren", meint der 39-jährige Vorsitzende der Koblenzer SPD. Das CDU-Mitglied Elke Hannack gibt zu, dass Störfeuer auch aus ihrer eigenen Partei käme - wie "der jüngste Vorstoß des Wirtschaftsflügels der Union, nun auch bei allen Minijobs die Aufzeichnungspflichten des Arbeitgebers zu verwässern". Wenn das durchkäme, wäre es das "Schachmatt": "Das Gesetz wäre nahezu wirkungslos!"
Nicht nur die Attacken auf den Mindestlohn sind mehrmals Thema in Trier: Auch die Politik gegenüber Griechenland und anderen Krisenländern wird mehrfach als regelrechter Angriff bezeichnet. Die "sogenannten Hilfsprogramme" seien eine "neoliberale Schocktherapie" gewesen, meint etwa der luxemburgische Gewerkschaftsboss André Roeltgen. Eine "Politik des Abbaus" habe letztlich "nur den Finanzsektor gestützt". Christian Schmitz mahnt: "Wenn wir in einer westlichen Demokratie eine Kindersterblichkeit wie Nigeria zulassen, ist Europa moralisch gescheitert!" Er erinnert daran, dass Deutschland selbst seit Jahren EU-Kriterien nicht einhalte - etwa, indem durch den eigentlich unzulässig hohen Exportüberschuss. Ausdrücklich freut sich Schmitz über Gäste aus der Belegschaft von Franklin Electric in Wittlich: Dort haben IG-Metall-Mitglieder im November 2014 nach fünf Wochen Streik einen Sozialtarifvertrag erkämpft.

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