Mit Handicap am Arbeitsplatz

Saarburg/Trier · Fachkräfte werden händeringend gesucht. Warum nicht auch jemanden mit Handicap einstellen? Das Jobcenter Trier-Saarburg der Agentur für Arbeit hat nun innerhalb von zwölf Monaten einen neuen Arbeitsplatz für insgesamt 43 Schwerbehinderte vermittelt. Einer von ihnen ist der Biogeograph Markus Heiser.

Saarburg/Trier. Doktor Markus Heiser ist Biogeograph. Er hat an der Universität Trier studiert und promoviert. Und er sitzt im Rollstuhl. Der 31-Jährige ist querschnittsgelähmt, seit seiner Geburt ist er auf Hilfe angewiesen. Ohne sie kann Heiser seine Wohnung in Saarburg nicht verlassen.
Jörg Trenz ist Unternehmer in Dillingen (Saarland). Er berät Firmen etwa in Fragen des Brandschutzes sowie des Umweltschutzes. Eines seiner Probleme ist das Finden von qualifizierten Mitarbeitern, um Aufträge zu erfüllen. Seit Ende 2014 arbeitet Heiser für Trenz. Der Unternehmer aus dem Saarland hat den querschnittsgelähmten Biogeographen eingestellt. Vermittelt wurde das Arbeitsverhältnis vom Jobcenter Trier-Saarburg der Agentur für Arbeit. Möglich wurde das, weil der Arbeitgeber für seinen neuen Angestellten einen Telearbeitsplatz eingerichtet hat. Für die Dauer von zwei Jahren erhält Trenz\' Unternehmen einen sogenannten Eingliederungszuschuss, mit diesem Geld vom Staat werden Minderleistungen etwa aufgrund einer Behinderung ausgeglichen.
"Das Beispiel zeigt, dass mittlerweile auch qualifizierte Menschen mit Handicap ihre Chance auf dem Arbeitsmarkt bekommen", sagt Rüdiger Schneider, Geschäftsführer des Jobcenters. Das belegt auch die Arbeitslosenstatistik: Zwischen Mai 2014 und Mai 2015 sank die Zahl der arbeitslosen schwerbehinderten Menschen allein im Landkreis Trier-Saarburg um 43 auf 191. Das entspricht einer Quote von 7,5 Prozent innerhalb der Arbeitslosenstatistik (siehe Extra).
Schneider bedauert, dass es im Jobcenter keinen Mitarbeiter gebe, der auf die Vermittlung von Menschen mit Handicap spezialisiert sei. Für die Betroffenen bedeute das oft langwierige Verfahren mit den Behörden.Qualifikation ausschlaggebend


Landrat Günther Schartz ist froh, dass das Jobcenter in der Lage ist, Menschen, die körperlich stark beeinträchtigt sind, zu vermitteln. "Behinderte sind oft besonders motiviert, wenn sie einen dauerhaften Arbeitsplatz finden, der ihren Qualifikationen entspricht", sagt er. Er lobt die "mutige Entscheidung" von Trenz, Heiser einzustellen.
Der Unternehmensberater sieht dies anders: "Für mich war ausschlaggebend, ob es fachlich passt oder nicht." Es brauche zwar mehr Absprachen zwischen allen an einem Projekt Beteiligten, weil Heiser von zu Hause aus arbeite. Aber für viele Aufträge sei es nicht entscheidend, dass Heiser sie sich persönlich vor Ort anschaue. "Und falls das doch mal nötig ist, lässt sich das organisieren", ergänzt Trenz.Extra

Im Mai waren in der Region 782 schwerbehinderte Menschen arbeitslos. Das sind 7,5 Prozent aller Arbeitslosen. Laut den Statistiken haben Schwerbehinderte generell kein erhöhtes Risiko, arbeitslos zu werden. Sind sie es einmal, bleiben sie jedoch deutlich länger ohne Job. Darüber hinaus sind arbeitslose Schwerbehinderte älter als andere Arbeitslose. Die Trierer Agentur fördert behinderte Menschen jährlich mit rund 19 Millionen Euro, etwa für Förderprogramme oder Hilfsmittel. Laut Gesetz müssen Arbeitgeber mit mehr als 20 Beschäftigten mindestens fünf Prozent ihrer Stellen mit Schwerbehinderten besetzen. In der Region sind dies in 780 Betrieben 3166 Menschen. Die Beschäftigungsquote liegt bei vier Prozent; im Land sind es 4,1, im Bund 4,6 Prozent. sas

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