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TRIER. Zufriedene Gesichter beim Zweckverband regionale Abfallwirtschaft: Mit der Rückzahlung der Ausfallbürgschaft von zwölf Millionen Euro für die nicht fertiggestellte Trockenstabilat-Anlage kommt man mit einem blauen Auge aus dem Müllchaos.

In Sachen Müll gab es in den vergangenen Wochen wenig zu lachen: Pleite des Trockenstabilat-Investors Herhof, teure Müllververbrennung und explodierende Abfallgebühren. Gestern jedoch lachten Richard Groß, Vorsitzender des Abfallzweckverbands, und sein Geschäftsführer Maximilian Monzel wieder. Sie bestätigten offiziell, was bereits durchgesickert war: Der Energieriese Eon, Miteigentümer der Trockenstabilat-Anlage in Mertesdorf (Kreis Trier-Saarburg), zahlt einen Teil der Ausfallbürgschaft von zwölf Millionen Euro an den Zweckverband und übergibt ihm die Anlage schuldenfrei (der TV berichtete). Zwar sind die Verträge mit Eon noch nicht wasserdicht, doch rechnet Groß nicht damit, dass der Konzern jetzt noch mal einen Rückzieher macht. Im Januar soll die Unterschrift erfolgen. Vorher, am 21. Dezember, soll der Zweckverband dem Ganzen zustimmen, falls vorher die vier Kreistage und der Trierer Stadtrat ihr Okay zu diesem Deal geben. Auch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion muss vorher mit dem Daumen nach oben zeigen. Groß will in Mertesdorf so schnell wie möglich Müll zwischenlagern, um so die Menge des zu verbrennenden Abfalls von derzeit 140 000 Tonnen auf 105 000 zu reduzieren. Immerhin schlägt die Müllverbrennung mit rund 220 Euro pro Tonne zu Buche - mehr als doppelt so viel wie die Müllbehandlung mit dem von Herhof patentierten Trockenstabilatverfahren. Doch von Trockenstabilat will man beim Zweckverband nichts mehr hören. Das sei im wahrsten Sinne verbrannt, sagt Verbandsgeschäftsführer Monzel. Künftig soll nicht mehr, wie beim Herhof-Verfahren, der komplette Restmüll getrocknet werden, sondern nur noch der Teil, der später einen hohen Brennwert hat. Der nicht verwertbare Müll, wie etwa Glas oder organischer Abfall werden genauso wie schadtstoffhaltiger Abfall, etwa PVC, vorher aussortiert. Aus dem vorbehandelten Müll soll dann Brennstoff unterschiedlicher Güte entstehen. Selbst für Brennstoff mit geringerer Qualität gebe es genügend Abnehmer im Industriebereich, heißt es beispielsweise in einer Studie der Fachhochschule Münster. Doch noch will man sich beim Zweckverband nicht festlegen, wie ab September 2007, wenn die Verträge mit den Entsorgern RWE und Remondis über die Müllverbrennung enden, der Abfall der Region behandelt wird. "Uns stehen alle Möglichkeiten offen", sagt Groß, der bislang immer ein Verfechter des Trockenstabilatverfahrens war. Selbst eine neue Ausschreibung für die regionale Müllentsorgung schließt er nicht aus - zumindest theoretisch. Denn es scheint längst abgemachte Sache zu sein, dass die Herhof-Nachfolge-Gesellschaft Helector in die Mertesdorfer Anlage einsteigt. Jedenfalls gab es in den vergangenen Wochen nicht nur mit dem im Besitz eines griechischen Baukonzerns befindlichen Unternehmen rege Kontakte. Auch mit dem Abfallverband in Osnabrück, wo Helector die Herhof-Anlage übernommen hat, wurde eifrig telefoniert. Egal, wie die Lösung in 20 Monaten aussehen wird: Die Müllentsorgung wird billiger. Zumindest für den Zweckverband und damit für die vier Landkreise und die Stadt Trier. Für die Gebührenzahler soll dies jedoch keine Auswirkungen haben. Trotz der deutlichen Erhöhungen der Abfallgebühren seien diese immer noch knapp kalkuliert und im bundesweiten Vergleich eher niedrig, so Monzel. Daher gebe es vorerst keinen Spielraum, die Gebühren wieder zu senken. Zumal in die höheren Gebühren die Rückzahlung der Bürgschaft vorsorglich mit eingerechnet sei.

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