Nächstenliebe und Geschäft

WITTLICH. Die Ausbildung zum Rettungsassistenten hat Thorsten Anker auf den Dreh gebracht: Mit seiner Firma Anker Medical Technologies entwickelt er medizinische Hilfsmittel und machte sich bei der Notfallversorgung des Confederations Cup und bei Organtransporten bekannt.

Hinter Thorsten Anker liegt eine Aufbauphase von elf Jahren, heute gehört sein Wittlicher Unternehmen Anker Medical Technologies mit über 35 000 Patientenversorgungen im vergangenen Jahr und 900 Arztpraxen unter Vertrag zu den wichtigen deutschen Mittelständlern im Hilfsmittelbereich. Vom Rettungswagen in die Selbstständigkeit

Angefangen hat alles 1994 mit einem "Ein-Mann-Bauchladen", wie der gelernte Maschinenbau-Mechaniker selbst sagt. Damals war er 22 und dank der Arbeit im Rettungsdienst am Gesundheitssektor interessiert. "Mit allem, was in einen Rettungswagen gehört, habe ich gehandelt", sagt er - "ohne Förderung und staatliche Unterstützung", betont er. Weil der Markt für seine Dienste zu klein ist, gründet er in Pakistan ein Joint Venture, eine Art zwischenbetriebliche Kooperation. "Mehr als 80 Prozent des Weltbedarfs an chirurgischen Instrumenten kommt aus Kaschmir. Daraus habe ich einen Großhandel aufgebaut - bis nach USA und Südafrika", sagt der pfiffige Unternehmer. Doch weil er mit seinem Namen in Deutschland keine große Nummer war, stagnierten die Geschäfte. Dank der Gesundheitsreform und der Einführung der Pflegeversicherung, aber auch aufgrund der Konzentration aufs Basis-Geschäft - nämlich den Handel mit Hilfsmitteln -, beginnt ein neues Geschäftsmodell. "Ich bin aus dem Großhandel ausgestiegen und habe mich auf die Akutversorgung von Patienten, Arztpraxen und Kliniken konzentriert", sagt Anker. Und weil er bereits in dem Metier vorgebildet ist, bekommt er auch die Zulassung zur Einlösung von Rezepten. So beginnt er mit Kompressionsstrümpfen für Krampfader-Patienten, mit denen er die Bad Neuenahrer Gefäßchirurgie versorgt. Mehrere Referenzen, Kunden und Ärzte kommen hinzu. "Weil wir zu klein für große Aufträge waren, entwickelten wir selbst Heilmittel, die wir in sechs Ländern fertigen lassen", sagt Thorsten Anker. Zum Glück. "Ein Drittel aller Anbieter in unserem Segment sind vom Markt verschwunden, weil die Margen durch den Handel gesunken sind. Deshalb vertreiben wir direkt an Kunden." Anker Medical Technologies entwickelt unter dem geschützten Namen Aktivo Rückenstützbandagen, Traumata-Bandagen für Handgelenk und Fuß sowie Tens-Geräte für die Schmerztherapie und bei Inkontinenz. "Eine Entwicklung dauert - von der Technik, Größe, Farbe und Funktion - drei Jahre. So etwas macht Spaß, stößt aber auch an die Grenzen eines Mittelständlers", sagt der Chef über 24 Angestellte, 19 Handelsvertreter und 25 Kooperationspartner im Ausland. "Wir sehen uns als Dienstleister und haben es doch mit jeweils drei Kunden zu tun: mit dem Patienten, der Krankenkasse und dem Arzt", beschreibt der Firmenchef seine Lage. Das sei ein Balanceakt. Denn erst wenn der Arzt überzeugt sei, bekomme der Patient das Produkt, das die Kasse bezahlen müsse. Wirke das Produkt nicht, falle das auf Anker zurück. "Neuauflagen, Patentrecht, zwei Rechnungen an Kasse und Patient: Unter den heutigen Bedingungen könnte ich nicht mehr starten", sagt der 33-Jährige. Und doch steht er unter dem Druck, immer einen Tick besser als die Konkurrenz sein zu müssen. Eines ist Thorsten Anker bei dem Geschäft nicht aus den Augen gekommen: der Mensch. "Uns wäre der Patient als direkter Kunde lieber als zusätzlich eine Kasse", sagt er, und: Sein Unternehmen macht mit vier Fahrzeugen und speziell ausgebildeten Mitarbeitern - exklusiv für die europäische Koordinationsstelle zur Verteilung von Organen, Europlant - Organfahrten im nördlichen Rheinland-Pfalz. "Es gibt einem etwas zurück, einem Menschen das Leben gererettet zu haben - auch wenn dafür am nächsten Morgen nicht viel im Büro läuft." Das Geschäft mit der Gesundheit boomt: Anker will in einen Anbau investieren, um den Organ-Transport zu optimieren und neue Märkte bei der Heilmittelversorgung zu erschließen. "Weitere Mitarbeiter nicht ausgeschlossen", sagt Firmenchef Thorsten Anker. Die wird er brauchen, wenn er den Zuschlag zur medizinischen Versorgung und Notfallversorgung im Sponsoren- und Vip-Bereich bei der WM im kommenden Jahr in den Stadien bekommen sollte. Beim Fifa Confederations Cup im Juni war Ankers Unternehmen bereits für 3000 Gäste zuständig.

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