Näher ran an den Kunden

TRIER. Der Steuerzahler als Kunde, der Finanzbeamte als Dienstleister - so stellt sich der Trierer Finanzamtschef Jürgen Kentenich seine Behörde in der Zukunft vor.

Jürgen Kentenich kennt die Finanzverwaltung in- und auswendig. Der 51-Jährige ist seit 20 Jahren im Staatsdienst und war seitdem Chef so manches Finanzamtes - etwa in Bitburg, Prüm oder Bernkastel-Kues. Seit August steht er dem Trierer Amt vor. Im Laufe seiner Dienstzeit hat er manche Reform mitgemacht, jedenfalls hat er so viele Änderungen erlebt, dass er sehr genaue Vorstellungen hat, wie er eine moderne Behörde, der immer noch Beamtenmentalität und Bürgerferne anhaftet, zu einer kundenfreundlichen Verwaltung umbauen kann.Wörter des modernen Unternehmertums kommen dem gebürtigen Kölner zwar immer noch schwer über die Lippen, aber seine Forderung ist klar: "Steuerzahler sind Kunden, die dürfen keine Angst vor uns haben." Im Trierer Finanzamt hat man schon etwas dafür getan, um die Forderung mit Leben zu erfüllen. Das Service-Center, wo die Kunden ihre Steuererklärung abgeben können oder Einträge auf der Lohnsteuerkarte ändern können, ist durchgehend geöffnet. 41 000 Besucher wurden nach der hausinternen Statistik vergangenes Jahr gezählt. Man bietet telefonische Existenzgründerberatungen an, informiert die Grenzgänger in grenznahen Orten, es gibt Seminare für Vereine und Feuerwehren zur Steuer.Doch Kentenich will noch näher ran an die Kunden. Seine Vorstellung: Eine zentrale Stelle, die auch im örtlichen Rathaus sein kann, an der alle Änderungen auf der Lohnsteuerkarte gemacht werden können, damit die Kunden nicht einmal zur Gemeinde oder zum Finanzamt laufen müssen.Kentenich weiß, dass Angst oder auch Wut über Finanzbeamte nicht von ungefähr kommt. Früher wurden die Besucher des Amtes schon mal als Bittsteller betrachtet. Mittlerweile werden alle Finanzbeamten in Kommunikation und Kundenfreundlichkeit geschult. Auch werden sie auf Streitfälle vorbereitet und darauf, wie sie einen aufgebrachten Kunden beruhigen können. Anscheinend mit Erfolg. Voller Stolz verweist man im Trierer Amt auf die Besucherbefragung. Durchweg mit gut bis sehr gut beurteilen danach die Kunden die Behörde.Trotzdem regen sich einige Steuerzahler noch über Beamtenmentalität im Finanzamt auf. Vor allem dann, wenn sie aus ihrer Sicht lange auf ihre Steuerrückzahlungen warten müssen. Kentenich hat dafür Verständnis: "Wer von uns Geld zu bekommen hat, soll es auch möglichst direkt bekommen."40 Tage bis zum Steuerbescheid

40 Tage - länger soll es vom Eingang der Formulare beim Amt nicht dauern, bis der Steuerbescheid beim Arbeitnehmer ist. Mit im Schnitt 47 Tagen fürs zweite Quartal in diesem Jahr liegt das Trierer Amt von diesem Ziel gar nicht so weit entfernt. "Wir wollen schneller werden", sagt Kentenich. Voraussetzung dafür: Die Arbeitsabläufe sollen umstrukturiert werden. Es soll reine Kundenberater (Front-Office) und Sachbearbeiter (Back-Office) geben, ähnlich wie in Banken.Doch selbst, wenn es optimal läuft, gibt es noch einen Grund, warum die Bearbeitung der Steuererklärung Zeit braucht: Der für die 416 Mitarbeiter in der Behörde komplizierter werdende Steuerdschungel. "Mit Forderungen nach Steuervereinfachungen rennen sie bei uns offene Türen ein", erklärt der Vorsteher und spricht von "Praxisschock" und einer "gewissen Frustration". Nur wie die Steuervereinfachung aussehen könnte, dafür hat er kein Rezept. Denn jede Vereinfachung führe dazu, dass Steuervorteile und Subventionen abgeschafft werden müssten, weil sie es sind, die das Ausfüllen der Steuererklärung kompliziert machten. Da es in absehbarer Zeit keine wirkliche Steuervereinfachung geben wird, setzt Kentenich auf Rationalisierung beim Außendienst. Ab November sollen Betriebs- und Umsatzsteuerprüfungen in den Unternehmen zusammengefasst werden. Kentenich weiß, dass es noch ein langer Weg ist bis die Finanzbeamten überall freundlich empfangen werden. "Wir arbeiten dran", sagt er zuversichtlich.

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