Neue Demut bei der Deutschen Bank

Frankfurt · Schon ein Milliardenverlust, der deutlich kleiner ausfällt als ein Jahr zuvor, gilt als Erfolg.

Frankfurt (dpa) "Leistung aus Leidenschaft" - das ist passé bei der Deutschen Bank. Jahrelang warb das größte Geldhaus der Republik mit diesem Slogan um Kundschaft. Jetzt wird an einem neuen Werbespruch gearbeitet. Es ist bei weitem nicht das Einzige, was bei dem Institut im Umbruch ist. Seit der Brite John Cryan das Sagen in den Frankfurter Zwillingstürmen hat, räumt er gehörig auf mit den Altlasten seiner Vorgänger - und schlägt einen deutlich zurückhaltenderen Ton an.
"Seit ich vor anderthalb Jahren Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank wurde, mussten wir insgesamt rund fünf Milliarden Euro für Rechtsfälle aufwenden, deren Ursachen zum großen Teil viele Jahre zurückliegen", konstatiert Cryan am Donnerstag. "Diese Altlasten haben uns nicht nur viel Geld, sondern auch Reputation und Vertrauen gekostet." Der Vorstand bedauere die "Verfehlungen der Vergangenheit" ausdrücklich: "Wir möchten uns dafür entschuldigen."
Als Josef Ackermann Ende Mai 2012 nach zehn Jahren als Konzernchef abtrat, versprach er seinen Nachfolgern an der Spitze der Deutschen Bank ein "besenreines" Haus. Das entsprach - nach allem, was man seither hören und lesen konnte - nicht ganz den Tatsachen. Zinsmanipulation, dubiose Hypothekendeals, Geldwäsche-Vorwürfe gegen Kunden - es ist einiges zusammengekommen an teuren Rechtsstreitigkeiten in den vergangenen Jahren (siehe Extra). All das war auch eine Folge der Maßgabe, ganz vorne an der Weltspitze der Hochfinanz mitmischen zu wollen. Die Deutsche Bank kaufte an der Wall Street zu und baute ihre Präsenz in der europäischen Finanzhauptstadt London aus. Das klassische Spar- und Kreditgeschäft schien zu langweilig, stattdessen drehten die Deutsch-Banker das ganz große Rad am globalen Kapitalmarkt. Was folgte, waren jene Auswüchse, die der Bank bis heute zu schaffen machen.
Wie tief der einst so stolze Finanzkonzern gefallen ist, lässt sich am Börsenwert ablesen: Mit 25 Milliarden Euro schafft es der Dax-Konzern kaum mehr unter die Top 20 der europäischen Banken - selbst eine Handvoll hierzulande kaum bekannter skandinavischer Geldhäuser ist höher bewertet. Kein Wunder: Mindestens 13 Milliarden Euro musste die Bank seit 2012 für Strafen oder Entschädigungen berappen.
Trotz der Erfahrung mit der harten Hand der US-Behörden im vergangenen Herbst steht für Cryan außer Frage, dass die Deutsche Bank weiterhin Geschäfte in den Vereinigten Staaten machen wird. An den Eckpfeilern der Strategie, die schon seine Vorgänger Anshu Jain und Jürgen Fitschen auf den Weg gebracht hatten, will er vorerst nicht rütteln.
2016 sei die Bank in vielen kleinen Schritten weiter vorangekommen, bilanziert Cryan. Nun keimt die Hoffnung auf bessere Zeiten. Allzu große Erwartungen dämpft der bescheiden auftretende Brite aber umgehend: "Wir müssen zunächst aussäen, wenn wir später eine größere Ernte einfahren wollen - und das erfordert Geduld."TEURE NIEDERLAGEN


Extra

(dpa) Zinsmanipulation, dubiose Hypothekengeschäfte, Geldwäschevorwürfe - bei der Deutschen Bank ist einiges an teuren Rechtsstreitigkeiten zusammengekommen. Mindestens 13 Milliarden Euro musste Deutschlands größtes Geldhaus seit 2012 für Strafen oder Entschädigungen berappen. In der Affäre um Geldwäsche von Kunden bei Wertpapiergeschäften in Moskau, London und New York musste die Deutsche Bank im Januar dieses Jahres umgerechnet knapp 600 Millionen Euro an Aufsichtsbehörden in den USA und Großbritannien zahlen. Kurz vor Weihnachten 2016 einigte sich die Deutsche Bank mit den US-Behörden auf einen Vergleich über 7,2 Milliarden Dollar (6,7 Mrd. Euro) für dubiose Hypothekengeschäfte aus Zeiten vor der Finanzkrise 2007/2008.

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