Nicht nur Zinsen zählen

TRIER. Die Lebensversicherer rücken den Verbrauchern auf die Pelle: Nur wer bis Ende des Jahres einen Vertrag abgeschlossen hat, genießt Steuerfreiheit auf seine Zinserträge. Doch Experten warnen: Eine Lebensversicherung ist nicht immer die geeignete Form der Altersvorsorge.

Die Kapitallebensversicherung ist ein Klassiker der Altersvorsorge. Immerhin 90 Millionen Policen horten die Deutschen in ihren Aktenordnern. Dabei stellt sich trotz der großen Beliebtheit der Versicherungen die Frage nach der besten Wahl. Denn ein eindeutiges "Ja" erscheint angesichts zahlreicher abgebrochener Verträge fraglich. Abbruchquoten von 60 Prozent lassen diese Anlageform - zumindest für einen großen Teil der Verbraucher - als nicht sinnvoll erscheinen. "Da jede Police hohe Abschluss- und Verwaltungskosten aufweist, beträgt der Rückkaufswert oft erst nach zehn Jahren die Summe der eingezahlten Beiträge", sagt Bianca Höwe vom Bund der Versicherten (BdV). Denn von jedem monatlichen Beitrag gingen erstmal der Risikobeitrag für den Todesfall und der Kostenbeitrag ab, so die Versicherungsfachwirtin, ehe der eigentliche Sparbetrag herauskommt. Auch wenn es der Versicherungsbranche nach den Milliardenverlusten an der Börse wieder besser geht, diese Einbußen haben die Versicherten getragen - mit einer niedrigeren Verzinsung. Berechnungen belegen, dass bei ausgezahlten Verträgen innerhalb der vergangenen vier Jahre die Verzinsung im Schnitt von sieben Prozent um gut die Hälfte gesunken. Fällt dann, wie häufig bereits geschehen, die Gewinnbeteiligung weg, bleiben die Verbraucher bei mageren Mindestzinsen hängen. Dabei kämpfen die Lebensversicherer schon seit längerem mit historisch niedrigen Zinsen. Etwa 80 Prozent des Kundengeldes legen sie in festverzinslichen Wertpapieren an. Kein Wunder, dass daraus keine großen Versprechungen mehr erwachsen. Umso mehr empfiehlt Versicherungsexpertin Höwe, Anbieter mit geringen Verwaltungs- und Vertreter-Kosten zu wählen, am besten Direktversicherer. "Die haben zwar keinen Außendienst, bieten aber entsprechend höhere Renditen", sagt sie und nennt - belegt durch BdV-Tests - Neue Leben, Asstel, Huk Coburg, Cosmos und Debeka als Beispiel-Unternehmen. Generell jedoch schätzt Bianca Höwe die Lebensversicherung zur Altersvorsorge nicht: "Eine Versicherung sollte mit einer Geldanlage nicht gekoppelt sein. Das trägt nicht zur Altersvorsorge." Udo Reifner vom Institut für Finanzdienstleistungen (IFF) in Hamburg stellt ebenfalls Kriterien für Verbraucher auf. "Sicher, zugänglich, transparent, liquide, angemessen in der Rendite und sozialverträglich - so sollte eine Police aussehen", empfiehlt er. Doch ist dasDickicht verschiedener Policen schwer zu durchdringen. Direktversicherung, Rentenversicherung oder 5+7-Modell - den Varianten scheinen keine Grenzen gesetzt. Und doch warnt Reifner: "Es gibt formal keinen Markt bei den Versicherungen. Die Unternehmen verkaufen alle die gleichen Produkte, die aber nicht immer auf alle passen." Ein paar Beispiele: Lebens- oder private Rentenversicherung: Beide scheinen gleich zu sein, doch unterstützt erstere bei Tod die Angehörigen, die Rentenversicherung dagegen nicht. Dafür hatte die lange eine bessere Rendite. Doch scheint sich das aufgrund der längeren Lebenserwartung langsam zu ändern. Denn wer länger lebt, braucht auch länger Geld. Direktversicherung: Von dieser Variante profitieren vor allem privat krankenversicherte Gutverdiener die mehr als 30 Prozent Steuern bezahlen. Denn dabei werden jährliche Beiträge bis 1752 Euro pauschal mit 21 Prozent versteuert. Kommen die zudem aus dem Weihnachts- oder Urlaubsgeld, entfallen noch bis 2008 die Sozialbeiträge. Nachteil eins: Der Arbeitgeber sucht die Versicherung aus. Nachteil zwei: Gesetzlich Krankenversicherte müssen ab der Auszahlung zehn Jahre lang Beiträge zurückzahlen. Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitsschutz: Davor wird gewarnt. Die Beiträge zu solchen Koppelprodukten sind hoch. Und: Wer solche Verträge etwa bei Arbeitslosigkeit kündigt, hat enorm hohe Einbußen. 5+7-Modell: Das rentiert sich nur bei höheren Summen. Die Regel ist einfach: Fünf Jahre einzahlen, sieben Jahre warten. So kann zeitlich befristet Geld angelegt werden, eine Lebensversicherung bindet das Geld, nach zwölf Jahren fließt das Geld steuerfrei an den Kunden zurück.

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