Nummer sicher geht vor

TRIER. Der Garantiezins bei Lebensversicherungen sinkt zum Jahreswechsel für Neuverträge. Steigende Beiträge oder geringereLeistungen sind die Folge. Gleichzeitig sind die Überschussbeteiligungen der Unternehmen gesunken. Doch was bedeuten diese Entwicklungen für die Kunden?

Wer auf der Lohnabrechnung, bei den Sozialleistungen und im Verbrauch geschröpft wird, will zumindest die restlichen Cents Gewinn bringend anlegen - und sicher. Doch weil eine neue Börsen-Euphorie und damit Aktiengewinne auf sich warten lassen, gehen viele Verbraucher lieber auf Nummer sicher. Das Geschäft mit Lebensversicherungen boomt, die als letzte Bastion von Solidität und Sicherheit scheinen. Allein in den ersten drei Monaten des Jahres gab es in der Branche zweistellige Zuwachszahlen. Doch auch die Lebensversicherer haben Aktien in ihren Anlagen - und damit in der jüngsten Vergangenheit laut Berechnungen des Branchendienstes map-report über 50 Milliarden Euro an der Börse verzockt. Darauf und auf langanhaltende Zinsrückgänge an den Rentenmärkten muss das Bundesfinanzminsterium reagieren - mit der Senkung des gesetzlichen Garantiezinses für Lebensversicherungen zum 1. Januar von 3,25 auf 2,75 Prozent. Dieser Satz gilt für alle Verträge, die ab 2004 neu abgeschlossen werden. Für Verträge, die von Januar 2000 bis heute abgeschlossen wurden, gilt weiterhin der Satz von 3,25 Prozent, wer einen alten Vertrag von vor 2000 hat, erhält weiter seine vier Prozent. Heißt aber auch: Wer in diesem Jahr noch eine Lebensversicherung abschließt, bekommt noch den höheren Garantiezins. Dieser legt fest, wieviel Geld die Kunden jedes Jahr mindestens gutgeschrieben bekommen. Und: Noch bleibt das angesparte Kapital bei einer Laufzeit von mindestens zwölf Jahren steuerfrei. Lebensversicherungen sichern das Todesfallrisiko ab und dienen als Sparstrumpf im Alter. Die Senkung des Garantiezinses bedeutet also: Bei gleicher Todesfallsumme steigen die Beiträge, bei gleichem Beitrag sinkt die Garantieleistung. Rund zehn Prozent mehr Beitrag oder zehn Prozent wenigerLeistung sind laut ersten Berechnungen bei sonst gleichen Voraussetzungen künftig fällig. Nur gering ändert sich dagegen die Gesamtleistung, die von der Entwicklung der Überschussbeteiligung abhängt. Aus einer im nächsten Jahr abgeschlossenen Lebensversicherung muss also je nach Überschusshöhe nicht zwingend bei niedrigerem Garantiezins weniger herausspringen. Denn: Geht es an den Kapitalmärkten aufwärts, steigen auch die Überschussbeteiligungen. Entscheidend ist die Durchschnittsrendite während der gesamten Laufzeit des Vertrages - und die ist schwer vorherzusagen. Wer also imnächsten Jahr eine Versicherung ausgezahlt bekommt und mehrere Jahrzehnte gute Zinsen bekommen hat, dem machen zwei magere Jahre wenig aus. Was aber nun tun? Wer seine Lebensversicherung kündigt, dem wird nur der Rückkaufswert ausgezahlt. Hinzukommt in der Regel ein Storno-Abschlag - in den ersten Jahren nach Abschluss eines 30-jährigen Vertrages gibt es nicht einmal die eingezahlten Beiträge zurück. Außerdem drohen durch eine Nachbesteuerung weitere Kürzungen der Kapitalerträge. Dies lohnt sich also nur in wenigen Fällen. Alternativ kann man seine Lebenspolice verkaufen. Policen-Aufkäufer zahlen je nach Versicherer einen höheren Kaufpreis aus den Rückkaufswert. Auch kann der Kunde seinen Vertrag beitragsfrei stellen und damit die Zahlungen aussetzen. Das angesparte Guthaben wird weiter verzinst. Verbraucherschützer warnen aber davor, Policen panisch zu kündigen. Kapitallebensversicherungen sind nach Geldmarktfonds und Bundesanleihen nach wie vor die sichersten Anlageprodukte, sie garantieren den Kapitalerhalt aller Beiträge und den Garantiezins. Im Prinzip erzielen sie also immer eine positive Rendite, auch wenn die Erträge zuletzt gesunken sind. Außerdem werden die Gesellschaften überwacht. Neben den Überschussbeteiligungen sollten die Kunden deshalb auch auch die Reserven der Versicherer und die Anlage ihrer Beiträge im Blick haben. Wichtig sind auch Antworten auf die Fragen, wie die Verzinsung zustande kommt und wie lange der Versicherer in der Krise die Mindestverzinsung garantieren kann. Denn die Pleite des Versicherers Mannheimer Leben hat die Kunden zusätzlich verunsichert. Selbst wenn dazu die Auffanggesellschaft "Protektor" in die Bresche gesprungen ist: Ihr Kapital reicht nämlich nicht aus, sollte einer der Branchen-Riesen in die Bredouille kommen. Auf den Vergleich der Angebote kommt's also an, wenn man auf Nummer sicher gehen will.

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