Pendler wollen wieder mehr Geld

Für wen lohnt sich die derzeitige gekürzte Pendlerpauschale, wer profitiert davon, wenn wieder die volle Strecke zur Arbeit bezahlt würde? Der TV hat bei einem Steuerexperten nachgefragt.

Trier. Viel wurde in den vergangenen Wochen gerechnet, überall waren Beispiele zu lesen, warum sich angeblich eine Rückkehr zur alten Pendlerpauschale mit der Anrechnung der vollen Fahrstrecke zur Arbeit für die meisten Pendler gar nicht lohne. Da die meisten Arbeitnehmer neben ihren Fahrtkosten keine weiteren sogenannten Werbungkosten bei der Steuererklärung geltend machen könnten, gingen diese bis zu einer Wegstrecke von 14 Kilometern in der Arbeitnehmerpauschale unter, rechnete vergangene Woche das ARD-Magazin Plusminus.

Arbeitnehmer in der Region haben weite Wege



Da die meisten aller Pendler, so die Recherchen der ARD-Reporter, weniger als 15 Kilometer bis zum Job hätten, profitierten sie weder von der jetzigen Regelung, nach der Fahrten zur Arbeit erst ab dem 21. Kilometer geltend gemacht werden können, noch von der eventuellen Rückkehr zur alten Regelung.

Allerdings trifft die Rechnung auf einen Großteil der Pendler in der Region nicht zu. Wie das Statistische Landesamt erst kürzlich errechnete, fahren die Arbeitnehmer im Land durchschnittlich 26 Kilometer bis zur ihrem Job (der TV berichtete). Zwischen Eifel, Mosel und Hunsrück müssen die Arbeitnehmer im Schnitt 24 Kilometer zurücklegen. Für alle, die täglich mehr als 13 Kilometer zur Arbeit fahren und außer den Fahrtkosten keine Werbungskosten (also Ausgaben, die im Zusammenhang mit dem Beruf stehen) haben, sagt der Bitburger Steuerberater Heinz-Peter Fuchsen, ist die jetzige Regelung ungünstiger. Auch wer Werbungkosten hat und mehr als einen Kilometer bis zur Arbeit fahren muss, der profitiert von der jetzigen Regelung nicht, sagt der Steuerexperte. Fazit: Die allermeisten Pendler in der Region dürfen darauf hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht die seit 2007 gekürzte Pendlerpauschale für verfassungswidrig erklärt. Dann haben sie wieder mehr in der Tasche.

Fuchsen hat für den TV nachgerechnet: Ein Junggeselle, Jahreseinkommen von 29 500 Euro, fährt täglich 35 Kilometer bis zu seiner Arbeit. 920 Euro kann er als Werbungskosten geltend machen. Nach der derzeitigen Regelung kann er von den 35 Kilometern Fahrtstrecke nur 14 Kilometer bei seiner Steuererklärung anrechnen lassen, damit erhöhen sich seine Werbungskosten um 945 auf 1865 Euro. Vom Finanzamt bekommt er derzeit 460,15 Euro zurück. Könnte er die komplette Strecke zur Arbeit abrechnen, stünde ihm eine Entfernungspauschale von 2295 Euro zu, die Werbungskosten würden sich auf 3215 Euro erhöhen. Der Fiskus würde ihm in diesem Fall 912,42 Euro zurückerstatten - 452,27 Euro mehr als derzeit. Selbst bei kurzen Wegen zur Arbeit und geringen Werbungskosten hätte laut Fuchsen ein Arbeitnehmer 120 Euro mehr in der Tasche, wenn die alte Regelung wieder käme.

Urteil noch in diesem Jahr



Doch es geht nicht nur um Steuerentlastung. Fuchsen nennt den Fall eines Ehepaares, dessen 20-jährige Tochter eine Ausbildung macht. Weder bei den Eltern noch bei der Tochter macht sich die Kürzung der Entfernungspauschale bemerkbar. Aber: Ohne die Kürzung der Pendlerpauschale, so Fuchsen, wäre das zu versteuernde Einkommen der 20-Jährigen so niedrig, dass die Eltern Kindergeld bekämen, 1848 Euro im Jahr.

Die Richter des zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts werden ihre Entscheidung erst am Ende des Jahres bekannt geben. Sie müssen darüber entscheiden, ob die von der Großen Koalition gekürzte Pendlerpauschale gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstößt, weil derzeit nur diejenigen davon profitieren, die weitere Wege zur Arbeit haben.

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