Pleitegeier fliegt im Ländchen anders

NEUSS. (red) Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Europa stieg 2004 leicht um ein Prozent auf insgesamt 156 245 Firmen (Vorjahr: 154 647). Die Entwicklung der Insolvenzen verläuft in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich. Luxemburg nimmt einen unrühmlichen letzten Platz ein. Doch zu Unrecht, wie Experten sagen.

Den größten Rückgang bei Pleiten verzeichnet Großbritannien: Um 13,4 Prozentpunkte auf knapp 13 000 Unternehmens-Zusammenbrüche sanken die Insolvenzen in England, Schottland und Wales. Am anderen Ende der Skala liegt Griechenland. Die Steigerungsrate bei den Unternehmensinsolvenzen liegt bei 20,2 Prozent.Schlechtes Jahr in Österreich

Die Plätze zwei und drei belegen Deutschlands Nachbarn Österreich (11,2 Prozent Steigerung auf 6273 betroffene Firmen) und die Schweiz (9,2 Prozent Zuwachs auf 4955 Insolvenzen). Die höchste Insolvenzquote (Insolvenzen im Verhältnis zur Zahl der existenten Unternehmen) hat Luxemburg: 280 Insolvenzen je 10 000 Betriebe verzeichnet das Land. Herbert Eberhard, Chef von Creditreform Trier und Luxemburg, relativiert aber das Ergebnis. In Luxemburg sei die Insolvenzrechtsreform noch nicht durchgeführt, so dass man weiter von Konkursen spreche. Zwar sei die Zahl der Konkurse von 655 im Jahre 2003 auf 671 im Jahre 2004 nur leicht gestiegen, rechne man jedoch die Zahl auf je 10 000 Unternehmen um, sei Luxemburg mit 280 Konkursen auf den ersten Blick absoluter Spitzenreiter in Europa. Zum Vergleich: In Frankreich liege die Zahl bei 160, in Deutschland bei 135 Insolvenzen je 10 000 Unternehmen. "Die Luxemburger Konkurszahlen sind jedoch nicht sehr beunruhigend, da bei vielen Firmenkonkursen nicht oder nur wenig aktive Firmen beteiligt sind, so dass der gesamtwirtschaftliche Schaden relativ gering bleibt", sagt Eberhard demTV. Knapp 63 Prozent der Konkurse entfielen auf den Dienstleistungssektor. Zusammen mit der großen Zahl von Firmengründungen in diesem Bereich sei der Strukturwandel in Luxemburg schon erheblich weiter fortgeschritten, als in den meisten anderen europäischen Ländern. "Die luxemburgischen Horrorzahlen sind somit lediglich die Kehrseite eines dynamisch wachsenden Dienstleistungsmarktes", sagt der Insolvenzfachmann.Trendwende bleibt bisher aus

In Deutschland hoffte man 2004 auf eine Trendwende bei den Unternehmensinsolvenzen - die aber blieb aus. Allerdings stiegen die Insolvenzen nur noch um 0,3 Prozent auf knapp 40000 (39600) betroffene Betriebe. Die Zahl der Privatpersoneninsolvenzen liegt mit 76100 Betroffenen fast doppelt so hoch wie die Zahl der Unternehmenskonkurse und stieg im Jahresverlauf auch noch einmal kräftig um 25 Prozent an. Für die immer noch steigende Zahl der Insolvenzen liegen laut der Untersuchung der Auskunftei Creditreform in Neuss zwei Hauptursachen in der mangelhaften finanziellen Ausstattung vieler Betriebe und in dem konjunkturellen Gefüge, in dem diese und ihre Branche sich bewegen. hw/mok

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