Problem mit der Pünktlichkeit

TRIER. Verspätungen machen der Bahn zu schaffen. Die Kunden sind verärgert, weil sie Anschlusszüge verpassen und zu Terminen nicht rechtzeitig erscheinen. Zusammen mit dem neuen Preissystem ist Unpünktlichkeit der Hauptkritikpunkt an der Bahn.

Fast schon entschuldigend verweist Gerhard Schinner auf diegeplanten Baumaßnahmen der Bahn auf der Moselstrecke. "Da kann esfür einige Zeit zu Verspätungen kommen", sagt derKonzernbevollmächtigte für Rheinland-Pfalz und das Saarland. Undauf Verspätungen ist die Bahn nicht gut zu sprechen. Vor allemseit sie das neue Preissystem eingeführt hat, versucht dasUnternehmen zu erklären, warum es nicht pünktlich sein kann:häufige Suizid-Versuche auf den Gleisen, die den Fahrplandurcheinander bringen, Wetter-Chaos und eben Baumaßnahmen. Diesind wie auf der Moselstrecke allerdings auch notwendig. Denn aufvielen Strecken ist die Infrastruktur mehr als marode. VieleStrecken sind nur eingleisig befahrbar. "Langsamfahrstrecken",auf denen die Züge nur mit halber Geschwindigkeit fahren können,sind die Folge. Das macht die Bahn eben nicht immer zu demschnellsten Verkehrsmittel. Und günstig ist es auch nicht in jedem Fall. Jedenfalls glaubt das ein Großteil der Kunden - wie auch die teilweise heftigen Reaktionen der TV -Leser auf die Kritik am Preissystem der Bahn gezeigt haben. Schinner verteidigt das System: "Das Preissystem allein ist nicht der Stein des Anstoßes. Wenn wir zu 100 Prozent pünktlich wären, würde ein Großteil der Kritik wegfallen", glaubt er das Problem seines Unternehmens erkannt zu haben. Im gleichen Atemzug teilt er dann mit, was die Bahn allein in der Region investiert, um pünktlicher zu werden.

Stünde jemand wegen einer Baustelle stundenlang auf der Autobahn im Stau und käme zu spät, würde niemand sagen, ich fahre kein Auto mehr. Nur von der Bahn erwarte man diese hundertprozentige Zuverlässigkeit. Schinner ist sauer, dass es derzeit modern sei, auf dem "Unternehmen Zukunft" herumzuhacken. "Wir sind nicht teurer geworden, oft ist es jetzt sogar billiger, mit der Bahn zu fahren", sagt der Konzernbevollmächtigte. Bis zu 73 Prozent Rabatt gebe es im Idealfall, wenn der Bahnfahrer alle Möglichkeiten ausnutze, pflichtet ihm Verkaufsleiter Thomas Sausen bei. Auch das Fahren mit der Bahncard, die bis zur Einführung des neuen Preissystems 50 Prozent und nun nur noch 25 Prozent Preisermäßigung möglich macht, sei entgegen der Auffassung vieler Kritiker billiger geworden. Vor allem Familien könnten davon profitieren, sagt Sausen. Die Bahn bemüht sich seit Monaten, die Kunden von den Vorteilen des neuen Preissystem zu überzeugen. "Das steht alles da drin", erklärt Schinner und hält ein Scheck-Karten großes Heftchen in die Höhe: Das neue Preissystem auf einen Blick.

Doch offenbar ist das System doch komplizierter als das Faltblatt vermittelt. Nur wenige Bahnfahrer blicken wirklich durch. "Die Kunden haben zu wenig Information erhalten", gesteht selbst Schinner ein. Die Bahn habe zu sehr mit der Einführung des neuen Preissystems geworben und zu wenig mit konkreten Preisvorteilen. Die Bahn-Mitarbeiter bemühten sich jedenfalls immer, dengünstigsten Preis herauszusuchen. "Die geben nicht böswillig falsche Auskunft", verteidigt Verkaufsleiter Sausen seine Mannschaft. Gleichzeitig gesteht er aber ein, dass man bis Anfang April Probleme mit dem Computersystem, in dem Preise und Verbindungen gespeichert sind, hatte. Hinzukomme die steigende Konkurrenz durch Billigflieger. Nicht was die Strecken, sondern was die Preise angehe. Schinner: "Die Leute sind preisbewusster geworden. Wenn sie mehr bezahlen, erwarten sie auch Pünktlichtkeit." Und das ist eben das Problem der Bahn.

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