Prosit Neujahr!

TRIER. Prosit Neujahr! Wenn heute Nacht um 0 Uhr Millionen Bundesbürger auf das neue Jahr 2004 mit einem Glas Sekt anstoßen, dann liegt die heißeste Zeit des Jahres für den weltweit größten Sekt-Produzenten Schloss Wachenheim gerade hinter ihm. Bis zu einer Million Flaschen am Tag werden allein am Standort Trier in Spitzenzeiten abgefüllt.

Sie wissen, dass dies die wichtigsten Wochen des Jahres für ihr Unternehmen sind. Die 150 Mitarbeiter von Schloss Wachenheim am Standort Trier sind emsig, füllen in mehr Arbeitsschichten mehr Sektflaschen ab als während der anderen Monate, verladen mehr Kisten Schaumwein als sonst üblich und versuchen so die Stellung des weltgrößten Sektproduzenten zu stabilisieren - dies vor dem Hintergrund, dass der Absatz auf dem deutschen Sektmarkt laut dem Verband der deutschen Sektkellereien in den ersten zehn Monaten um 2,1 Prozent gesunken ist.Feines Näschen für Weine und Dosage

Doch immerhin liegt der Umsatz von Schloss Wachenheim im Monat Dezember doppelt so hoch wie während der restlichen elf Monate des Jahres. Die Zeit, jetzt den erforderlichen Umsatz zu machen, drängt also.Einer, der weiß, was an deutschen Tischen zum Silvester-Büffet getrunken wird, ist Peter Hausen. Der Önologe arbeitet seit 25 Jahren in der Sektherstellung und ist bei Schloss Wachenheim fürs Qualitätsmanagement verantwortlich. "Es ist ein schönes Gefühl zu sehen, dass den Leuten das eigene Produkt gefällt und sie mit ihm aufs neue Jahr anstoßen", sagt Hausen.Er selbst, sagt er, sei ein Riesling-Typ. Doch auch bei anderen Rebsorten hat er ein feines Näschen und Gespür für Wein und Dosage, die den Gärprozess vorantreibt. Schließlich zeichnet Hausen bei Schloss Wachenheim in Trier für über 20 Cuvées verantwortlich - Verschnitte verschiedener Weine zur Herstellung von Schaumwein. Dafür gibt es bei dem Sekt-Spezialisten ein eigenes "Rezeptbuch", das für die Abnehmer im Inland (bis zu 95 Prozent), aber auch für Kunden in Finnland, England oder Mittel- und Osteuropa die Mischungen genau festlegt.Wenn auch kurz vor Weihnachten die Produktion beendet wurde, bis zum letzten Tag des Jahres wird noch neuer Wein zur Gärung angesetzt, und bis zur letzten Minute werden die Wachenheim-Produkte verladen.Während in Wachenheim die Flaschengärung im Mittelpunkt steht und in Böchingen Perlwein und innovative Produkte wie alkoholfreier Sekt hergestellt werden, steht der Standort Trier für die Tankgärung. "Mit einem Volumen von 52 Millionen Litern garantiert Schloss Wachenheim eine sechsmonatige Lagerung des Sektes", sagt Peter Hausen. Dazu bezieht das Unternehmen Wein per Spedition und Tank, auch eine eigene Bahntrasse führt am Gelände im Trierer Süden vorbei. 80 Prozent der verarbeiteten Weine kommen aus dem Ausland, aus Spanien, Italien, Frankreich und Portugal. Peter Hausen erklärt, warum: "Bei ausländischen Weinen gibt es nicht so große Qualitätssprünge wie bei deutschem Riesling."Je Lieferant und Rebsorte wird der Wein in Trier getrennt vergoren, und per Mini-Test und Verkostung gegenüber abgefülltem Sekt wird das Cuvée zusammengestellt. Zwei bis drei Mal in der Woche werden verschiedene Mischungen für verschiedene Kunden hergestellt. "Wir versuchen, unser Tankhaus voll zu halten und Vorräte anzulegen für die heißen Tage am Ende des Jahres", sagt Hausen. Dafür werde der neu angelieferte Wein schnell verarbeitet und zur Gärung gebracht. Schließlich würden die fertigen Rohsekte abgefüllt.Blindverkostung bewahrt vor Betriebs-Blindheit

Doch auch in Flaschen anderer Sekthersteller steckt Hausen mit seinem Team seine Nase. "Natürlich habe ich eine eigene Beziehung zu unseren Produkten. Aber ein bis zwei Mal im Jahr gibt es eine große Blindverkostung, um nicht betriebsblind zu werden", sagt der Önologe. Dabei gehe es nicht darum, zu wissen, wie gut die Konkurrenz sei, sondern herauszufinden wie man zur Konkurrenz stehe.Und was ist nun der Trend in Sachen Sekt? "Vor 20 Jahren wurde mehr Sekt zu den Feiertagen getrunken, die Saison lief schon im Oktober an", blickt Peter Hausen zurück. Heute sei die Hochsaison auf vier Wochen konzentriert - wobei die Deutschen mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von rund vier Litern im Jahr Sekt-Weltmeister sind.Geschmacklich bescheinigt der Experte halbtrockenem Sekt ein Comeback, nachdem die trockenen Schaumweine in den vergangenen Jahren eher ein Renner gewesen waren. Egal, ob trockener, halbtrockener oder lieblicher Typ, Peter Hausen gibt allen Sekttrinkern einen Tipp zu Silvester: "Sekt sollte bei acht Grad Celsius getrunken werden. Der beste Reifegrad ist bei der Abfüllung erreicht - also Sekt nicht zu lange lagern, was an Silvester ohnehin wenig wahrscheinlich ist."

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