Rauchsignale aus Mainz

WITTLICH. Maschine statt Handarbeit: Mit Unterstützung des rheinland-pfälzischen Landwirtschaftsministeriums hat Tabakbauer Günter Thetard aus Wittlich einen Tabak-Vollernter angeschafft - den zweiten in Deutschland.

Er ist rot und kriecht im Schritttempo übers Feld: Im zweiten Jahr ist im Tabakbau-Betrieb von Günter Thetard ein Vollernter im Einsatz. Reihe für Reihe steuert ein Fahrer die Maschine übers Feld, spezielle Gummi-Greifer pflücken die Blätter von den Tabakpflanzen. Der Vollernter spart Arbeitskräfte. Während er in der vergangenen Saison 25 Mitarbeiter beschäftigt habe, komme er nun mit 18 aus, berichtete Thetard. Während bei Handernte rund 600 Arbeitsstunden pro Hektar Tabak anfallen, werden mit Vollernter nur rund 300 Stunden fällig. So könnten 70 Prozent der Kosten gespart werden, sagte Wirtschafts-Staatssekretär Günter Eymael (FDP) gestern bei der Vorführung des Geräts in Wittlich. Sein Ministerium bezuschusste den Kauf des 74 000 Euro teuren Vollernters und weitere Investitionen - insgesamt 200 000 Euro - als Modellprojekt mit 20 000 Euro. Außer dem Vollernter schaffte der Tabakbauer eine Füllanlage an und baute die Öfen zum Tabak-Trocknen um. Mit der Leistung der neuen Maschinen ist Thetard zufrieden. Der Ertrag sei annähernd gleich geblieben, sagte er. Auch die Qualität des Tabaks war zufriedenstellend: 68 Prozent des per Vollernter geernteten Tabaks wanderte bei der Sortierung in so genannte A-Gebinde, bei handgeerntetem Tabak waren es 72 Prozent - das berichtete Rolf Wachowski, Fachberater für Tabakanbau in Rheinland-Pfalz. In A-Gebinde packen die Tabakbauern die Blätter besserer Qualität, während die schlechteren in B-Gebinde wandern. Der Druck auf die Tabakpflanzer, zu rationalisieren, ist groß. Die EU-Subventionen, ohne die die europäischen Tabakproduzenten nach eigenen Angaben nicht überleben könnten, sollen in zwei Schritten - 2006 und 2010 - bis auf Null zurückgefahren werden. "Wir leben von der Prämie", sagte Wilfried Kolb, Vorsitzender des Verbands der rheinland-pfälzischen Tabakpflanzer. Die Produktion eines Kilogramm Tabak kostet einen Betrieb drei Euro, so Jörg Bähr, Geschäftsführer des Bundesverbands deutscher Tabakpflanzer. Der Weltmarktpreis liege aber bei einem Dollar. "Jeder Betrieb muss ein internes Rating erheben, wo man einsparen kann, wie man den Hektarertrag erhöhen kann und wo man die Qualität erbessern kann", sagte Hermann Pfanger, Vorsitzender des Bundesverbandes deutscher Tabakpflanzer. Trotzdem hofft er, die völlige Streichung der EU-Förderung verhindern zu können: "Wir sind zuversichtlich. Wir haben im Tabak ohne Unterstützung aus Brüssel keine Chance." Auch damit, dass Betriebe schließen werden, rechnet Pfanger - nicht nur aufgrund der Reform. An Aufgeben verschwendet Günter Thetard indes keinen Gedanken: "Ich bin sicher, dass auch 2020 in Deutschland Tabak wächst."

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