Recht bekommen wird teurer

TRIER. Gutes Recht ist teuer - und ab 1. Juli noch teurer. Die Anwaltsgebühren steigen, zur Freude der Rechtsanwälte, zum Ärger der Bürger. Denn sie müssen für juristische Beratung mehr bezahlen.

Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - das Wortungetüm ist an allem Schuld. Damit wird ab1. Juli die Vergütung für die 120 000 Rechtsanwälte in Deutschland festgelegt. Das neue Gesetz löst die 120 Jahre alte Gebührenordnung ab. Die Anwaltshonorare steigen, oder anders herum: Wer juristischen Rat sucht, muss tiefer in die Tasche greifen. Um wie viel Recht haben und Recht bekommen teurer wird, darüber gehen die Meinungen auseinander. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries sagt: 14 Prozent. Die Versicherer, die möglichst viele Rechtsschutzpolicen verkaufen wollen, sagen: bis zu 21, in manchen Fällen sogar 70 Prozent.Mehr Geld für außergerichtliche Einigung

Und die Anwälte sagen: "Der Verbraucher muss nicht unbedingt mit höheren Kosten rechnen", behauptet die Anwaltskammer Koblenz. Es komme immer auf den Einzelfall an, wie viel ein Anwalt koste. Die Kammer empfiehlt, vorher mit dem Anwalt über die Kosten zu reden. Die Gebühren richten sich nämlich nach dem Umfang und der Art des Rechtsbeistands. Dem Gesetzgeber geht es dabei gar nicht in erster Linie darum, den Anwälten mehr Geld zukommen zu lassen. Hintergrund der Gebührenordnung ist vor allem, dass die Gerichte entlastet werden sollen. Die Bürger sollen sich überlegen, ob sie etwa wegen eines ungerechtfertigten Bußgeldbescheids vor den Kadi ziehen und ein Mehrfaches an Kosten riskieren. Um den Anwälten einen Anreiz zu bieten, nicht gleich jeden Fall vor Gericht zu ziehen, wird eine neue Einigungsgebühr eingeführt: Für außergerichtliche Einigungen gibt es ein höheres Honorar. Doch nicht nur die Anwaltsgebühren steigen, auch die Prozesskosten gehen nach oben. Zeugen vor Gericht erhalten künftig 17 statt 13 Euro je Stunde Verdienstausfall. Wegen der höheren Kosten müssen die Länder auch tiefer in die Tasche greifen bei der Prozesskostenbeihilfe für Sozialhilfeempfänger und Geringerverdiener. Über 107 Millionen Euro kostet die Länder die neue Gebührenordnung. Um wieder Geld reinzubekommen, wurden einige Einnahmen durch die Gerichte erhöht: So kostet der billigste Mahnbescheid statt 13 künftig 18 Euro, ab 1. Juli 2006 sogar 23 Euro. Dass die Rechtsschutzversicherer derzeit so laut jammern, hängt nicht nur damit zusammen, dass sie ihren Kunden höhere Beiträge aufbürden müssen. Sie befürchten, dass sie noch weniger Policen als bisher verkaufen. Denn die Nachfrage nach Rechtsschutzversicherungen nimmt stetig ab. Kein Wunder: Billig sind die Versicherungen nicht. Die Stiftung Warentest stellte bei den Anbietern Preisunterschiede von 170 bis 290 Euro für eine Kombination aus Privat-, Berufs- und Verkehrsrechtsschutz fest. Wer eine Selbstbeteiligung vereinbart, kann die Preise noch drücken. Doch die Verbraucherschützer warnen davor, übereilt Rechtsschutzversicherungen abzuschließen. Man sollte sich genau überlegen, ob sich die Kosten tatsächlich lohnen oder ob man die Prämie dafür nicht lieber auf ein Sparkonto einzahlt und den Anwalt im Ernstfall davon direkt bezahlt. Doch die Versicherer kämpfen für den Rechtsschutz. Wenn er schon teurer wird, wollen sie auch mehr Rechte haben. Sie fordern, dass das Rechtsberatungsmonopol der Anwälte aufgehoben wird und auch die Versicherungen ihren Kunden künftig Rechtsberatung anbieten können. Wer einen Anwalt braucht und die höheren Gebühren umgehen will, der sollte noch in den nächsten Tagen zum Anwalt gehen. Dann gilt noch die alte Verordnung. Erst ab Donnerstag wird es teurer. Es wird übrigens erwartet, dass die Zahl der Klagen im Juni deutlich angestiegen ist.

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