"Reinheitsgebot ist unantastbar"

BITBURG. "Das deutsche Reinheitsgebot ist unantastbar." Für die beiden Bitburger-Geschäftsführer Dr. Axel Simon (Technik) und Peter Rikowski (Marketing) steht die Qualität des Bieres an oberster Stelle. Im TV-Gespräch äußern sich beide zur Strategie beim klassischen Pils und den boomenden Mischgetränken.

Dr. Simon, mit Ihren Äußerungen zu Braugerste und deutschem Reinheitsgebot haben Sie uns irritiert: Haben Sie gesagt, die Wirtschaftlichkeit stehe über dem Reinheitsgebot? Oder ist das Reinheitsgebot für die Bitburger unantastbar?Simon: Das Reinheitsgebot von 1516 ist unantastbar für die Bitburger Brauerei. Die Anbauer haben das vor anderthalb Wochen beim Bitburger Braugerstentag anscheinend anders verstanden.Simon: Ich habe sehr eindeutig darauf hingewiesen, dass wir trotz der Versorgungsengpässe auf dem Markt am Qualitätsgedanken festhalten müssen. Dazu gehört auch ein Preisanreiz, damit es wieder mehr Braugerstenfläche gibt und die deutschen Brauer aus Versorgungsnöten kommen. Aber warum ärgern sich die Brauer denn über die hohen Malzpreise? Die waren vor Jahren schon mal deutlich höher als heute.Simon: Das ist das Gesetz des Marktes. Weil weniger Bier getrunken wurde, wurde weniger Braugerste angebaut, was zu niedrigeren Preisen geführt hat. Was wäre denn so schlimm daran, wenn die Bitburger künftig mit Mais oder Reis statt Gerstenmalz brauen würde?Simon: Erstens würden wir das Vertrauen unserer Konsumenten einbüßen, zweitens kann man Biere gar nicht besser brauen als nach dem deutschen Reinheitsgebot. Nun hat Bauernchef Michael Horper in der Preisfrage nachgelegt: Wenn chinesische Brauer mehr zahlen als deutsche, bekommen sie die Gerste. Ärgert Sie eine solche Aussage?Simon: Ich glaube nicht, dass die hiesigen Braugerstenerzeuger ihre Ware lieber nach China liefern würden als an die Mälzerei, die die Bitburger Brauerei beliefert. Herrn Horper ging es nur darum, dass den Landwirten ein ordentlicher Preis gezahlt wird. Haben Sie mit derart heftigen Reaktionen gerechnet?Simon: Es hat mich nicht nur erstaunt, sondern erschreckt. Die Qualität steht ganz oben. Da lässt sich über den Preis nicht diskutieren. Wir kaufen zu dem Preis, der sich am Markt bildet. Nochmal zurück zum Reinheitsgebot: Bei Biermischgetränken wie "Bit Passion" oder anderen nehmen es die deutschen Brauer auch nicht so genau mit Zusatzstoffen wie Koffein oder Zucker. Warum ist da erlaubt, was beim "normalen" Bier verboten ist?Simon: Es wurde ja immer Bier an der Theke mit Limo oder Cola gemischt. Nachdem wir laut Biersteuergesetz auch in der Brauerei diese Dinge mischen dürfen, gibt es Mischbiere. Diese bestehen bei uns in jedem Fall aus nach dem Reinheitsgebot gebrauten Bitburger Pils, ergänzt um ein Saisongetränk für die junge Zielgruppe. Ist denn nach deutschem Reinheitsgebot gebrautes Bier konkurrenzfähig, wenn im Ausland viel mit Ersatzstoffen wie Reis und Mais gebraut wird?Rikowski: Wir müssen im Ausland deutlich höhere Verkaufspreise erzielen. Da sind wir ohnehin eine hochpreisige Spezialität, entsprechend ist der Absatzmarkt nicht so hoch. Sie wollen neben Zukäufen im Inland gerade im Ausland verstärkt aktiv werden. Im nächsten Jahr starten sie die Produktion in Brasilien. Haben Sie noch andere Standorte geplant?Rikowski: In Deutschland wird sich der Biermarkt weiter konsolidieren. Wir haben deshalb den Heimatmarkt besonders im Fokus. Wenn Sie unsere Unternehmen kennen, wissen Sie, dass wir da immer sehr vorsichtig und ausgewogen sind in unserer Vorgehensweise. Natürlich suchen wir Wachstumsmöglichkeiten im Ausland. Aber das sind immer nur Nischen, in denen wir Geld verdienen. Und wie sieht es mit Aufkäufen auf dem deutschen Markt aus?Rikowski: Der deutsche Markt ist regional und sehr vielfältig, und das wird er auch bleiben. Aber mit einer Marke kann man das nicht abdecken. Deshalb gibt es in unserem Konzern Köstritzer, Wernesgrüner, Licher und König. Im Konzentrationsprozess geht es auch um Verhandlungsmacht mit dem Handel und Getränkeabholketten. Für uns ist die Balance zwischen den Marktteilnehmern wichtig. Es bringt deshalb nichts, ein Unternehmen einfach so zu kaufen, es muss in die Sorten und die regionale Strategie passen. Sie haben Ihr Sortiment mit der Marke "Bit" und den Produkten "Sun" und "Passion" erweitert. Was ist denn demnächst von Bitburger zu erwarten?Rikowski: Wir haben fertige Projekte in der Schublade. Aber wir legen unsere ganze Kraft und das ganze Geld in die Förderung der beiden Produkte "Sun" und "Passion" und werden im nächsten Jahr kein neues "Bit" herausbringen. Wichtig dabei ist die langfristige Strategie, die Marke Bitburger von Innen heraus zu verjüngen und den Anschluss nicht zu verlieren. Denn nur die Mischgetränke wachsen zweistellig. Die Bitburger betreibt auch einen relativ großen Marketing-Aufwand. Stichwort: Fußball-Nationalmannschaft. Ist geplant, das fortzusetzen?Rikowski: Das Fußball-Engagement mit dem DFB wird auf alle Fälle fortgesetzt. Die Europa-Meisterschaft ist schon gebucht, auch bei der nächsten WM in Südafrika sind wir dabei. Neben den nationalen Engagements gibt es auch viele regionale Aktivitäten, die wir weiter fortsetzen. Schauen wir mal in zehn Jahre in die Zukunft. Dr. Simon, können Sie als Mitglied der Gründerfamilie garantieren, dass Bitburger dann noch in Familienhand ist, oder gehört es zu einem großen internationalen Konzern?Simon: Mit Jan Niewodniczanski ist gerade erst ein weiterer Vertreter der siebten Generation ins Unternehmen gekommen. Zum 1. Januar 2007 wird er alleiniger Geschäftsführer Technik und Vertreter der Gesellschafter sein. Können Sie sich vorstellen, dass der Mann - er ist 41 Jahre alt und hat eine tolle Karriere bei den South African Breweries hingelegt - hierher kommt und dann die Bitburger Brauerei verkauft wird? Damit ist die Frage wohl endgültig beantwortet. S Die Fragen stellten Sabine Schwadorf und Rolf Seydewitz.

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