Revolution auf dem Podium

WITTLICH. In einer sich immer schneller drehenden Wirtschaftswelt sind Innovationen das Lebenselixier von Unternehmen. Doch wie können sich Ideen entwickeln? Darüber diskutierten Unternehmer, Wissenschaftler und Vertreter der Verwaltung bei der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Trier (IHK) im Wittlicher Hotel Lindenhof.

Schon die Einstimmung auf das Jahresthema der IHK Trier "Innovation Unternehmen!" zeigte den ungewöhnlichen Ansatz der Veranstaltung. Dieter Heuskel, aus Daun stammender führender Kopf der renommierten Boston Consulting Group, stellte sein Impuls-Referat unter das Motto "Spielregeln ändern, gegen den Strich bürsten". Er forderte die Unternehmer auf, sich zunächst an die eigene Nase zu fassen. Schließlich sei das Faktum, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands immer mehr zurückgehe, "in erheblichem Maße" auf die Unternehmen zurück zu führen. Auch IHK-Präsident Wolfgang Natus hatte in seiner Begrüßungsrede darauf hingewiesen, dass sich die Innovationsbereitschaft der Betriebe noch verbessern könne. Als Negativbeispiel für eine Branche, die international den Anschluss verpasst habe, nannte Heuskel die Chemie-Industrie, als Vorbild für eine erfolgreiche Innovation von Produkten und Fertigungsabläufen die Automobil-Industrie. Am Exempel der momentan äußerst erfolgreichen Billigfluglinien erläuterte der Unternehmensberater, dass manchmal schon eine neue Geschäftsidee ausreiche, um erfolgreich zu sein. Diesen Ansatz nahm TV -Redakteur Dieter Lintz auf, der die anschließende Diskussion moderierte: Er wolle "etwas Revolutionäres versuchen", sagte Lintz und "verbot" den Podiumsteilnehmern "zumindest für die erste halbe Stunde" jegliches Jammern und Klagen über schwierige Rahmenbedingungen und politische Verhältnisse. Statt dessen sollten sie positiv berichten, wie etwas funktionieren könne und warum. Kein Problem für die von der IHK eingeladenen Gesprächspartner. So berichtete Rudolf Wagner, Geschäftsführer der Rowa Automatisierungs GmbH in Kelberg, davon, wie er bei einem "belanglosen Gespräch mit einem Apotheker" plötzlich die Idee gehabt habe, automatische Lagersysteme für Automaten herzustellen. Inzwischen sei aus dem Vier-Mann-Betrieb ein blühendes Unternehmen mit 120 Mitarbeitern und 20 Millionen Euro Jahresumsatz geworden. Und das, obwohl ihm ein Universitäts-Professor seinerzeit signalisiert habe, für diese Idee gebe es keine Marktchancen. Für die vor vier Jahren in Insolvenz befindliche Feluwa Pumpen GmbH in Mürlenbach sei die Veränderung des Produkts der Schlüssel zum Erfolg gewesen, erzählte Geschäftsführer Heinz Nägel. Die Firma habe "so vor sich hingebröselt", bis man herkömmliche Systeme zu einer leistungsfähigen Spezialpumpe verfeinert habe. Mutiges Vorgehen in Europa, Asien und Australien

Der Mut, offensiv Märkte in Europa, Japan, ja sogar Australien zu erschließen, habe schließlich für den Durchbruch gesorgt. Auch die Hubert Elsen GmbH & Co. KG in Wittlich habe dank einer konsequenten Ausweitung des Geschäftsbereichs ins Ausland, weltweiter Kooperationen und ihrer Wandlung von der Spedition zum innovativen Logistik-Unternehmen überlebt, sagte Geschäftsführer Wolfgang Groß-Elsen. Drei Positiv-Beispiele, die das Publikum in Wittlich nachhaltig beeindruckten. Und dann durfte doch noch kritisiert werden. Heinz Nägel beklagte in diesem Zusammenhang den "erbärmlichen Zustand der Schulen" und die unzureichende Vermittlung wirtschaftlicher Themen im Unterricht. Unternehmensberater Heuskel meinte, bei den Lehrern sei das Verständnis für die Wirtschaft verglichen mit anderen Berufsgruppen am geringsten. Aber es gebe bei den Pädagogen durchaus Interesse, "wenn die Unternehmen auf sie zugehen". Bei der Vermittlung von wirtschaftlichen Themen in der Schule gebe es ein "eklatantes Defizit", räumte Ulrich Müller vom rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium ein. Der Trierer Fachhochschul-Professor Klaus Zellner forderte die Unternehmer auf, enger mit den Hochschulen zusammen zu arbeiten, deren Studenten "ein unheimliches Kreativ-Potenzial" für innovative Ideen seien. Am Ende waren sich alle Beteiligten einig: Gute Rahmenbedingungen können Innovationen fördern, aber, so formulierte es IHK-Präsident Natus, "entscheidend ist die Innovationsbereitschaft in den Köpfen."

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