Schlupflöcher ausgenutzt

TRIER. Einem Ring von betrügerischen Autoverkäufern ist die Staatsanwaltschaft Bochum auf die Spur gekommen. Die Ermittlungen führten auch nach Trier und Luxemburg.

Der Weg zu einem einheitlichen europäischen Steuerrecht ist steinig. Solange es in den 25 EU-Ländern noch Unterschiede bei der Besteuerung gibt, wird es immer wieder Kriminelle geben, die ein Schlupfloch finden, um den Fiskus zu betrügen. Einer solchen Bande ist die Staatsanwaltschaft Bochum nun auf die Spur gekommen. Mit einem so genannten "Umsatzsteuerkarussell" haben Autoverkäufer in ganz Deutschland Millionen vom Finanzamt ergaunert. Die Ermittlungen gegen den Autohändlerring laufen bereits seit mehreren Monaten. Am Donnerstag vergangener Woche schlugen die Fahnder zu. Auch in Trier wurden Büros und Wohnungen durchsucht. Laut dem Bochumer Oberstaatsanwalt Bernd Bienioßek war Luxemburg ein Dreh- und Angelpunkt der kriminellen Machenschaften. Nach dem bisherigen Ermittlungsstand wurden Autos überwiegend aus dem Großherzogtum nach Deutschland importiert. Dabei wird, wie bei jedem Handel innerhalb der EU, keine Umsatzsteuer fällig. Es wurden dazu Scheinfirmen, so genannte "missing trader", in Deutschland gegründet. Einzige Aufgabe dieser Briefkastenfirmen war es, einen inländischen Handel vorzutäuschen, um dann beim Finanzamt die angeblich in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer als Vorsteuer geltend zu machen. Schaden von 4,5 Millionen Euro

Vorsteuer entsteht im innereuropäischen Handel immer dann, wenn Unternehmen beim Kauf von Waren oder Dienstleistungen im Inland Mehrwertsteuer zahlen müssen und beim Verkauf dieser Waren an Unternehmen in anderen EU-Staaten keine Mehrwertsteuern berechnen dürfen. Dieser Steuerüberhang wird dann beim Finanzamt geltend gemacht. Daher kann also auch bei diesen Scheingeschäften mit Unternehmern im europäischen Ausland die Vorsteuer kassiert werden. Ein klarer Fall von Wirtschaftsbetrug. Immerhin sind bei dem von der Staatsanwaltschaft Bochum ermittelten Verfahren knapp 4,5 Millionen Euro illegal kassiert worden. Das Umsatzsteuerkarussell gilt vor allem in der Autobranche als verbreitet. Erst kürzlich wurde im Saarland gegen einen 52-jährigen Kaufmann Haftbefehl erlassen. Er soll als Endhändler im EU-Ausland Autos gekauft haben und dafür bei seiner Steuererklärung 300 000 Euro Vorsteuer geltend gemacht haben. Bei einem vor zwei Jahren vor dem saarländischen Finanzgericht abgeschlossenen Verfahren wegen eines Umsatzsteuerkarussells führte die Spur schon einmal nach Luxemburg. Ein Luxemburger Händler kaufte in Deutschland hochwertige Autos. Die Verkäufer stellten "gutgläubig", wie es im Urteil (Az.: 1 V 22/03) heißt, Rechnungen aus, in denen der Umsatz steuerfrei deklariert wurde, weil ihnen nach der Barzahlung des Kaufpreises schriftlich bestätigt wurde, dass das Auto in Luxemburg bleibt. Tatsächlich gingen die Wagen aber, ohne dass sie ausgeführt wurden, an Kunden in Deutschland. Das Gericht urteilte allerdings, ein Unternehmer könne sich "schwerlich" auf Gutgläubigkeit berufen.

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