Schnellere Gewerbeanmeldung, fittere Azubis

Trier · Große Zustimmung unter Handwerkern und Mitarbeitern, große Projekte auf der Tagesordnung: Mit viel Rückendeckung hat Axel Bettendorf vor 100 Tagen das Amt des Hauptgeschäftsfüherers der Handwerkskammer angetreten.

 Auf der Baustelle der Kammer tut sich einiges. Das Gebäude hinter Axel Bettendorf wird dem Neubau auch zum Opfer fallen. TV-Foto: Sabine Schwadorf

Auf der Baustelle der Kammer tut sich einiges. Das Gebäude hinter Axel Bettendorf wird dem Neubau auch zum Opfer fallen. TV-Foto: Sabine Schwadorf

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Trier. Wenn Axel Bettendorf aus seinem Arbeitszimmer im fünften Stock des Gebäudes der Handwerkskammer (HWK) blickt, sieht er die für ihn und die Kammer größte Herausforderung in den kommenden Jahren gleich vor sich: die Baustelle für den Neubau des Bildungszentrums. Insgesamt 44 Millionen Euro werden hier in 400 moderne Werkstattplätze und 200 Unterrichtsplätze investiert, es ist das größte Projekt der HWK seit ihrer Gründung vor 116 Jahren, der bundesweit größte Neubau einer Bildungseinrichtung (BTZ), das bundesweit erste Bildungszentrum im Passivhausstandard. "Hier wird ein großes Rad gedreht, das ist nicht immer einfach", sagt der seit rund 100 Tagen amtierende neue Hauptgeschäftsführer und stellvertretende Projektleiter des Neubaus. "Wir sind personell schmal aufgestellt, ziehen aber an einem Strang", sagt Bettendorf. Das europäische Vergaberecht beim BTZ sei nicht alltäglich, so werde die Kammer anwaltlich vertreten, Fachplaner und Passivhausspezialisten aus Darmstadt prüften Aufträge, Standards und Formulare. "Wir haben Hilfe, müssen uns aber auch ein Stück weit auf die Profis verlassen", sagt der HWK-Chef. Denn jede Verzögerung bei der Vergabe schiebe die fürs Frühjahr 2019 geplante Fertigstellung des BTZ nach hinten. "Aufgrund der Berufsschulpläne und Ferien können wir uns das nicht leisten."Termine über Termine

Für die rund 150 Mitarbeiter will Axel Bettendorf vor allem für Kontinuität und Transparenz sorgen, von Vorgänger Manfred Bitter habe er "viel in Sachen Menschenführung" gelernt. "Ich glaube nicht, dass ich einen allzu autoritären Führungsstil habe, sondern aufgrund meiner naturwissenschaftlichen Ausbildung erstmal einer bin, der zuhört", sagt Bettendorf über sich selbst. Neuling ist er in der Hinsicht nicht, hat er doch bereits zehn Jahre das elterliche Unternehmen gemeinsam mit seinem Bruder geführt und das Umweltzentrum der HWK nach dem Subventionsbetrug komplett umstrukturiert (siehe Extra). Dennoch sammeln sich seit seiner Amtsübernahme Termine und Gespräche, auch auf Landes- und Bundesebene, damit er sich überall einführen kann:. "Zu Beginn ist sogar der Familienkalender über mein Sekretariat gelaufen."Was seine Aufgaben in der Kammer angeht, so hat der neue Chef einiges zu tun. Lehrlingsrückgang, Fachkräftemangel, Verringerung der Handwerksbetriebe - da muss auch die Verwaltung der Handwerker Federn lassen und sich verkleinern. Bei einem Jahresetat von zwölf Millionen Euro machen die Personalkosten immerhin die Hälfte aus. So setzt Bettendorf auf Kundenorientierung: "Wir dürfen nicht aus den Augen verlieren, für wen wir das hier machen", sagt er und wünscht sich eine Digitalisierung der Kammerleistungen wie schnellere Gewerbeanmeldungen online oder technisch einfachere Lösungen für Einträge in die Lehrlings- und Handwerksrolle. "Wir müssen Prozesse beschleunigen. Mein Traum ist es, Betriebsakten für alle zugänglich und elektronisch erfasst zu haben", sinniert er. Dass er für das Konzept einer modernen Verwaltung sowie einem technisch fitten BZT die Unterstützung hat, zeigt nicht zuletzt, dass Bettendorf aus 100 Bewerbern um das Amt des Hauptgeschäftsführers ausgewählt und bei einer Enthaltung mit 27 der 28 Mitglieder der Vollversammlung gewählt wurde. Der HWK-Chef ist überzeugt: "Handwerk hat goldenen Boden - und in Zukuft noch mehr."Extra

Was hat Sie in Ihrem neuen Amt überrascht? Axel Bettendorf: Wenig, da ich wusste, was auf mich zukommt. Hier in der Kammer sind wir mit meinem Vorgänger Manfred Bitter Transparenz gewöhnt. Anders ist lediglich, dass ich nun "die ganze Firma" im Blick habe und meine Gesprächsteilnehmer eine Ebene höher liegen. Was hat Sie besonders irritert? Bettendorf: Dass die gerichtliche Aufarbeitung und der Prozess um vorgeworfenen Subventionsbetrug gegen die ehemalige Führung der Handwerkskammer noch anhält und nach acht Jahren immer noch nicht abgeschlossen ist. Worüber haben Sie sich gefreut? Bettendorf: Der Zuspruch der Mitarbeiter nach meiner Wahl hat mich besonders berührt. Ich habe gleichzeitig mehr Verantwortung, aber auch viel Rückendeckung bekommen. Da gab's Schulterklopfen und Bezeugungen, dass ich die Sprache der Handwerker spreche - das habe ich schon bei Schulungen von Dachdeckern gehört. sas Extra

Axel Bettendorf ist 47 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder. Nach seiner Banklehre studierte er Bauphysik und arbeitete von 1996 bis 1999 in einem Institut für Baustoffprüfung in Daun. Nach dem frühen Tod seines Vaters übernimmt er gemeinsam mit seinem Bruder den elterlichen Betrieb, das Bettendorf Lavasteinwerk in Oberstadtfeld (Vulkaneifelkreis). 2008 übernimmt der aktive Karnevalist der Trierer Gesellschaft Heuschreck die nach dem Betrugsskandal freigewordene Leitung des Umweltzentrums der Handwerkskammer (HWK). Seit dem 1. Oktober ist Bettendorf Hauptgeschäftsführer der HWK. Er hat damit die Nachfolge von Manfred Bitter angetreten.sas

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