Schnellzug mit angezogener Bremse

LUXEMBURG/PARIS. Luxemburg macht Dampf: Ein Jahr vor der offiziellen Anbindung an das französische Hochgeschwindigkeitsnetz, verbindet seit Montag regelmäßig der moderne Schnellzug TGV das Großherzogtum mit Paris.

 Abfahrt nach Luxemburg: Der neue TGV Est nach seiner Ankunft in Paris. Vier Mal täglich fährt der Schnellzug vom Großherzogtum in die französische Hauptstadt. Foto: Bernd Wientjes

Abfahrt nach Luxemburg: Der neue TGV Est nach seiner Ankunft in Paris. Vier Mal täglich fährt der Schnellzug vom Großherzogtum in die französische Hauptstadt. Foto: Bernd Wientjes

Großer Bahnhof für den neuen Schnellzug: Kurz vor acht Uhr versammelte sich an diesem Morgen die politische Prominenz Luxemburgs am Gleis acht. Dort stand das neue blau-graue Aushängeschild, das Luxemburg besser an das europäische Fernverkehrsnetz anbinden soll: der französische Hochgeschwindigkeitszug TGV. Luxemburgs Verkehrsminister Lucien Lux freute sich, das sei der letzte Schritt, bevor das Großherzogtum im Juni nächsten Jahres wirklich an das Hochgeschwindigkeitsnetz angebunden werde. Noch allerdings fährt der moderne Schnellzug mit angezogener Handbremse. Gerade mal die Hälfte der möglichen Höchstgeschwindigkeit von 320 Stundenkilometern erreicht der TGV durchschnittlich zwischen Luxemburg und Paris, drei Stunden und fünf Minuten braucht er, nur unwesentlich kürzer als die bisherige Verbindung von Luxemburg in die französische Hauptstadt. Die neue, schnurgerade Bahntrasse zwischen Metz und Paris wird erst im nächsten Jahr fertig. Verantwortliche rechnen mit 40 000 Kunden

360 Passagiere fassen die geräumigen Großraumwagen. Für Familien gibt es eigens großzügig gestaltete Sitze, Geschäftsreisende können in abgetrennten Abteils kleine Konferenzen abhalten oder in Ruhe arbeiten. Die Passagiere werden beim Einstieg von Stewardessen begrüßt und auf ihre Plätze eingewiesen. Dieser Luxus kostet Geld. Daher müssen die Kunden auch tiefer in die Tasche greifen: Bis zu 15 Prozent mehr kosten die Fahrkarten für den TGV, als Bonbon soll es einige Billigtickets für Frühbucher geben. Vier Mal am Tag fährt der Schnellzug derzeit von Luxemburg nach Paris. Nächstes Jahr sollen es fünf Verbindungen sein. Die derzeit fahrenden Züge sind nicht neu. Sie haben bereits einige Kilometer auf dem Buckel, wurden bislang Richtung Lille eingesetzt. Allerdings sind die Wagen alle runderneuert: Mehr Farbe im Innern, bequemere Sitze, ein modernes Bistro. Die französische Bahngesellschaft SNCF will mit dem frühen Einsatz ihres Prestige-Objektes auf der Ost-Route Werbung für den TGV machen und neue Kunden gewinnen. Gleichzeitig will man die Züge testen, damit bei der wirklichen Premiere nichts schief geht. Zu oft bereits gab es bereits Pannen beim Start einer neuen TGV-Strecke. Die blieben bei der Jungfernfahrt Anfang der Woche aus, bis auf Kleinigkeiten: In den Waschbecken der Toiletten floss kein Wasser und auf der Rückfahrt gab es eine 20-minütige Verspätung. Kinderkrankheiten, die bis zum nächsten Jahr ausgemerzt sein sollen. Bei der SNCF misst man dem Projekt TGV Est, zu dem ab Juni 2007 20 neue Verbindungen nach Paris auch aus Deutschland und der Schweiz gehören, große Bedeutung dabei. Knapp 40 000 Kunden sollen so transportiert werden. Kein Wunder also, dass die Ankunft der Schnellzüge aus Straßburg und Luxemburg im Bahnhof Paris Est groß gefeiert wurde. Als die Züge fast zeitgleich um die Mittagszeit in der französischen Hauptstadt einliefen, gab es Konfettiregen und Trommel-Musik. SNCF-Generaldirektor Guillaume Pépy begrüßte die mitgereisten Ehrengäste persönlich. Die Verbindung zwischen Luxemburg und Paris sei essentiell für das neue Hochgeschwindigkeitsnetz im Osten Frankreichs, zwei europäische Hauptstädte würden auf diese Art enger zusammen wachsen, freute sich Pépy. Die Erwartungen an die schnellere Anbindungen sind auch in Luxemburg sehr hoch. Mit Millionen-Aufwand wird derzeit der in die Jahre gekommene Hauptbahnhof in der Stadt saniert. Ein neuer unterirdischer Zugang zu den Gleisen wird geschaffen, bis 2009 soll es einen neuen TGV-Bahnsteig geben.

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