Schwarzarbeit blüht weiter

Nach Schätzungen von Experten wurden im Vorjahr etwa 348 Milliarden Euro auf illegale Weise in Deutschland erwirtschaftet. Dabei hatte schon die rot-grüne Vorgänger-Regierung wahre Wunder im Kampf gegen die Schwarzarbeit versprochen. Ihre Hoffnungen ruhten auf dem "Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz", das 2004 in Kraft getreten und vom damaligen Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) als "voller Erfolg" gefeiert worden war. Die Wahrheit sieht offenbar anders aus.

Berlin. Der Bundesrechnungshof kommt jetzt zu dem Ergebnis: "Eine Verringerung der Schwarzarbeit ist bisher nicht nachgewiesen. Der Gesetzgeber kann auch nach vier Jahren intensivierter Verfolgung nicht davon ausgehen, dass Schwarzarbeit an Attraktivität verloren hat", so das Fazit der obersten Finanzkontrolleure. Dabei sollte besagtes Gesetz der öffentlichen Hand jährlich eine Milliarde Euro mehr in die Kassen bringen. "Diese Erwartung wurde nicht erfüllt", heißt es in dem Prüfbericht. Nach Ansicht des FDP-Wirtschaftsexperten Rainer Brüderle hätte der regierungsoffiziell prophezeite Geldsegen von Anfang an keiner seriösen Prüfung standgehalten: "Die optimistischen Schätzungen für Haushaltseinnahmen der damaligen Regierung unter Gerhard Schröder sollten nur ihre marode Haushaltspolitik verschleiern", sagte Brüderle unserer Zeitung. Dass sich die Schwarzarbeit trotz mittlerweile guter Wirtschaftsdaten verfestigt, resultiert für den Liberalen in erster Linie aus der Steuerpolitik der Großen Koalition: "Wer die Mehrwertsteuer so drastisch erhöht, der braucht sich nicht über einen Boom der Schattenwirtschaft zu wundern." Schaden ist kaum zu reparieren

Derweil hat der Bundesrechnungshof noch einen anderen alarmierenden Trend ausgemacht: Auch wenn die Mitarbeiter der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) in der Schattenwirtschaft fündig werden, ist der angerichtete Schaden in aller Regel kaum zu reparieren. So hatte die FKS zwischen 2005 und dem ersten Halbjahr 2006 nicht gezahlte Sozialversicherungsbeträge im Umfang von 402 Millionen Euro ermittelt. Aber nur fünf bis zehn Prozent davon wurden nach Angaben des Bundesrechnungshofs nachträglich eingetrieben. In vielen Fällen waren die Betriebe insolvent. Eine ähnliche Entwicklung verzeichnen die Finanzprüfer bei Steuerausfällen und festgesetzten Strafzahlungen. Von den im Jahr 2005 verhängten Geldbußen in Höhe von 67,1 Millionen Euro habe der Bund im selben Jahr lediglich 7,5 Millionen Euro erhalten. Den 2006 festgesetzten Geldbußen im Umfang von 46,4 Milliarden Euro standen Einnahmen von nur 9,7 Millionen Euro gegenüber. Experten verweisen darauf, dass der Firmensitz schwarzer Schafe oftmals im osteuropäischen Ausland liege. Dadurch könnten sie sich finanziellen Ansprüchen entziehen. Die grüne Finanzpolitikerin Christine Scheel will sich mit solchen Erklärungen nicht zufrieden geben: "Die große Diskrepanz zwischen festgesetzten und rechtskräftigen Geldbußen kann ich nicht nachvollziehen." Deshalb müsse sich der Finanzausschuss des Bundestages damit beschäftigen. Scheel verwies auch auf Erfolge im Kampf gegen die Schwarzarbeit: Durch die steuerliche Absetzbarkeit habe sich die Zahl der angemeldeten privaten Haushaltshilfen seit 2003 mehr als verfünffacht. Auch Brüderle sieht darin den richtigen Ansatz: "Schwarzarbeit bekämpft man am wirksamsten mit niedrigen Steuern und geringen Lohnzusatzkosten." Meinung Kein Schnee von gestern Die Metamorphose des ehemaligen Kassenwarts Hans Eichel vom Hans im Glück zum Herrn der Löcher ist noch in unguter Erinnerung. Zu den Luftbuchungen für den Bundesetat gehörten stolze Mehreinnahmen von jährlich einer Milliarde Euro, die durch das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit erzielt werden sollten. Eine aktuelle Untersuchung des Bundesrechnungshofs zeigt, wie absurd diese Vorstellung war. Es sollte der Großen Koalition schon zu denken geben, dass die Schattenwirtschaft selbst bei guter konjunktureller Entwicklung kräftig floriert. Problematisch ist auch die Erkenntnis der Rechnungsprüfer, dass schwarze Schafe weitgehend ungeschoren davonkommen. Trotz EU-Ost-Erweiterung hat es Brüssel nicht vermocht, Strafmaßnahmen gegen die Schwarzarbeit zu entwickeln. Diesen Missstand zu bekämpfen und auf ein gemeinsames Vorgehen der EU zu drängen, ist Aufgabe der Bundesregierung. nachrichten@volksfreund.de

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