Spaß an der Praxis

HASBORN/GROSSLITTGEN. Den Stukkateur-Beruf hat Carmen Böhnke von ihrem Vater übernommen. Die Entscheidung, die Meisterprüfung zu absolvieren und einen eigenen Betrieb zu gründen, fiel da schon wesentlich schwerer.

"Na, ziemlich dünn angerührt", sagt Carmen Böhnke zu ihrem Mitarbeiter an der Baustelle in Hasborn. Tatsächlich ist der Wasseranteil im Putz, den der junge Mann außen am Neubau aufträgt, ziemlich hoch. Aber die 31-jährige Chefin sagt es nicht kritisch streng, sondern freundschaftlich. Sie gehört einfach dorthin und dazu. Kooperation ist schließlich alles. Für Carmen Böhnke war das anfangs nicht so einfach. Den Stukkateursberuf hat sie von ihrem Vater übernommen. Stukkateure waren früher für die schönen, hohen Decken in den Villen und Bürgerhäusern zuständig. Weil die nicht mehr gebaut werden, kümmern sie sich jetzt um Putz, Trockenbau und den kniffligen Bereich Wärmedämmung. Nach dem Abitur stand das Studium der Innenarchitektur für die junge Frau an. Aber dann habe sie sich doch fürs Geldverdienen entschieden, sagt Carmen Böhnke halb im Scherz. Und ernsthafter: "Ich möchte keine Theorie, sondern habe immer Spaß an der Praxis gehabt." Für Bürotätigkeiten sei sie einfach nicht geeignet. Das hat sie als Bauleiterin in einer größeren Firma erfahren müssen. Weibliche Stukateurinnen sind dünn gesät. Das hat übrigens mit körperlichen Belastungen wenig zu tun. In diesem Beruf sei nur selten Kraft gefordert, dafür aber viel Geschicklichkeit und vor allem bei der Wärmedämmung auch einiges Wissen, sagt Carmen Böhnke. Sie war in der Lehre, bei der Meisterprüfung vor sieben Jahren und auf der Baustelle die einzige Frau.Immer am Ball bleiben

Wie sich die Kollegen verhalten haben? Da stutzt sie einen Moment und sagt dann diplomatisch, die meisten habe sie sehr nett gefunden. Obwohl Männer mehr lästerten und sie manchmal richtig wütend gewesen sei. Zweifel an ihrem Beruf seien ihr aber nie gekommen. Nach der Meisterprüfung und nach dem Intermezzo als Bauleiterin hat sie im Jahr 2001 ihre eigene Firma gegründet. Damals war sie 28 Jahre alt. Die Kreisverwaltung in Wittlich unterstützte sie nachhaltig und öffnete Wege zu Darlehen und Fördergeldern. Von Anfang an war die Auftragslage für sie "sehr gut". Aber man müsse natürlich am Ball bleiben. Im Sommer hat ihr Arbeitstag darum 14 Stunden. Denn nach der Arbeit auf der Baustelle geht es weiter: Abrechnungen, Angebote, Telefonate. Frau sein in dieser Männergesellschaft? Eigentlich kein Problem. Das öffne manchmal auch Türen. Und mit ihren fünf Mitarbeitern komme sie sehr gut aus. Man sei ohnehin ein Team.

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