Spirale dreht sich

TRIER. Hohe Arbeitskosten und eine staatliche Förderung "legalisierter" Schwarzarbeit sind laut der Handwerkskammer (HWK) Trier die Gründe für die zunehmende Schwarzarbeit. Und die verursache allein in der Region Millionenschäden.

Klaus Meier hilft seinem Nachbarn Gottfried Schmitt bei der Renovierung seines Einfamilienhauses. Fliesen legen, tapezieren und der Ausbau des Dachstuhls sind nur ein Teil der Arbeiten, die bei der Instandsetzung des alten Bauernhauses innerhalb der nächsten Jahre anfallen. Geld will Meier dafür nicht. Immerhin schneidet Schmitts Frau seiner Familie immer kostenlos die Haare. Die Arbeiten der beiden Familien sind allerdings keine Nachbarschaftshilfe mehr, sondern handwerkliche Schattenwirtschaft, also Schwarzarbeit. Und das ist illegal. Millionenschäden in der Region

"Leistungen durch Schattenwirtschaft, zum Beispiel durch Scheinselbstständigkeit, Schwarzhandel oder Schwarzarbeit, haben im vergangenen Jahr in der Region Trier einen Schaden von 1,43 Milliarden Euro verursacht", sagt Gerhard Müller, Geschäftsführer der HWK Trier. Von dieser Gesamtsumme resultieren allein 356 Millionen Euro aus Verstößen gegen das Handwerksrecht, waren also Schwarzarbeit. "Pro erwerbstätige Person werden also jährlich Leistungen in Höhe von etwas mehr als 2000 Euro in Schwarzarbeit erbracht", sagt Müller. Schwarzarbeit falle vor allem im Bauhaupt- und Nebengewerbe, im Friseurhandwerk und im Kraftfahrzeugmechanikerhandwerk an. Die Folgen seien enorm. "In der Region Trier entsprechen die illegalen Handwerkstätigkeiten einem Umfang von 4700 Arbeitsplätzen", sagt HWK-Präsident Rudi Müller. Ursache der zunehmenden Schwarzarbeit sind laut HWK-Hauptgeschäftsführer Hans-Hermann Kocks vor allem die hohe steuerliche Abgabenlast, das Verhältnis Nettolohn zu Arbeitskosten und die hohe Mehrwertsteuer für Bauleistungen. "In Deutschland liegt dieser Satz bei 16 Prozent wie der der normalen Mehrwertsteuer. In Luxemburg sind es aber nur drei Prozent, während der normale Satz bei 15 Prozent liegt", sagt Kocks. Um die in Schwarzarbeit erbrachten Leistungen zu minimieren, sind die HWK und die Kreishandwerkerschaft aktiv geworden: So halten die Einrichtungen ständig Kontakt zu Betrieben und Innungen, um Hinweise zu erhalten. Außerdem kümmert sich ein Außendienstmitarbeiter um die Problematik. "Der Wirtschaftsbereich ist gefährdet"

"Dieser Mitarbeiter hatte im vergangenen Jahr 600 Einsätze und war in 200 Fällen aktiv. Allerdings kam es nur zu sechs Abmahnungen und 13 Anzeigen wegen einer Ordnungswidrigkeit", sagt Kocks. Ursache der relativ geringen Quote ist, "dass die Schwarzarbeit häufig hinter verschlossenen Türen stattfindet und dadurch seltener bemerkt wird". Die Schattenwirtschaft hat nach Ansicht von Peter Karst, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bernkastel-Wittlich, enorme Auswirkungen: "Die Abwärtsspirale der Qualität handwerklicher Leistungen wird durch die Schwarzarbeit und den daraus resultierenden Preisdruck forciert. Der gesamte Wirtschaftsbereich des Handwerks ist gefährdet." Um den Wegfall von Arbeits- und Ausbildungsplätzen im Handwerk - als Folge der Schwarzarbeit - zu stoppen, fordern Handwerkskammer und Kreishandwerkerschaften den Abbau der staatlichen Förderung von Kleinstunternehmen wie Ich-AGs, den Abbau der Eigenleistungen im öffentlichen Dienst durch Kommunal- und Stadtwerke und die Förderung der Qualifikation im Handwerk. "Nur das können die Lösungen sein", sagt Karst.

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