Spitzenweine für die Schatzkammer

TRIER/BERNKASTEL-KUES. Reife Riesling-Spätlesen, edle Auslesen: In "normalen" Jahren sind solche Spitzenweine gefragte Raritäten, in diesem Jahr gibt es sie in Hülle und Fülle. Weine für die heimische Schatzkammer, die man mit dem 2003er frühzeitig füllen sollte.

Peter Pauly aus Bernkastel ist seit über 40 Jahren im Geschäft. Der 64-jährige Winzer und Vorsitzende des renommierten "Bernkasteler Rings" wird in diesen Tagen immer wieder aufs Neue überrascht. Die halbe Rieslingernte hat er schon im Keller, und fast alle geernteten Qualitäten sind im Auslesebereich. Pauly: "So hohe Mostgewichte durchweg in allen Lagen und Weinbergen, das habe ich noch nicht erlebt."Trockenbeerenauslesen bis 200 Grad Oechsle

Sein Winzerkollege Martin Kerpen aus Bernkastel-Wehlen ist fast sprachlos ob der in diesem Jahr geernteten Spitzenweine. Schon zwei Trockenbeerenauslesen mit Mostgewichten bis an die 200 Grad Oechsle hat er eingefahren. Ein Kunde hat schon zwölf 0,375-Liter-Fläschchen geordert. Er weiß, dass der Preis von 90 Euro pro Flasche in diesem Fall bestens angelegtes Geld ist.Der Jahrgang 2003, es ist ein Jahrgang für die Schatzkammer. Ein Traum für Genießer, eine Geldanlage für Sammler. In einigen Jahrzehnten wird man noch von ihm sprechen und schwärmen - ähnlich wie vom 1947er, 1959er oder 1976er. Es zeichnet sich ab, dass er in vielerlei Hinsicht ganz besonders ist, und dass es deshalb schwer fällt, ihn überhaupt mit irgendeinem anderen Weinjahrgang zu vergleichen. Gerd Knebel, Geschäftsführer des Weinbauverbandes Mosel-Saar-Ruwer: "Selten konnten die Winzer so reife Rieslingtrauben mit diesen hohen Mostgewichten in einem so gesunden Zustand lesen."Vergleiche mit dem legendären 1976er hinken daher. Damals sorgte der Botrytispilz für einen außergewöhnlichen Geschmack, in diesem Jahr sind die Trauben gesund, so dass sich in den Weinen das vollreife Traubenaroma widerspiegeln wird. Die Säurewerte beim Moselriesling sind mit sechs bis neun Gramm pro Liter zum Glück doch nicht so niedrig wie zunächst nach dem heißen Sommer befürchtet, sie kommen sogar dem Verbrauchertrend nach moderaten Säurewerten sehr entgegen.Ein großer Vorteil in diesem Jahr: Während sich der 1976er wegen der Edelfäule kaum für trockene Weine eignete, ist der 2003er geradezu dafür prädestiniert. Knebel: "In diesem Jahr werden die Moselwinzer einmal mehr ihre Kompetenz auch mit trockenen Weinen unterstreichen."Viele Vorteile also für die Verbraucher, die vermutlich nur leichte Preissteigerungen in Kauf nehmen müssen. Wer im kommenden Jahr, wenn die Weine auf Flaschen gefüllt werden, den neuen Jahrgang durchprobiert, wird sicher das ein oder andere Schnäppchen machen können. Nicht wenige Spitzenqualitäten werden die Winzer zu "einfachen" Qualitätsweinen herunterstufen, um auch dieses Segment dem Kunden anbieten zu können.Einen weiteren Schub wird der 2003er auch dem Rotwein bringen. Seitdem Ende der 80er Jahre der Rotweinanbau an der Mosel erlaubt wurde, ist die Fläche auf rund 700 Hektar angestiegen - immerhin 8,3 Prozent der Gesamtrebfläche an der Mosel.Vor allem der Spätburgunder hat in diesem Jahr die Erwartungen mehr als erfüllt. Um die 100 Grad liegen die Mostgewichte, gute Farbwerte, weiche und reife Gerbstoffe (Tannine) prägen die Rotweine des Jahrgangs. Der Dornfelder (330 Hektar an Mosel-Saar-Ruwer) erreichte ganz"locker" die in diesem Jahr vom Gesetzgeber erhöhte Mindestgrenze für Qualitätsweine von 68 Grad.

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