Steigende Preise, passive Kunden

TRIER/BERLIN. Die neue Bundesnetzagentur hat am 13. Juli ihre Arbeit aufgenommen. Damit ist der erste Schritt zum echten Wettbewerb auf den Energiemarkt getan. Aber Preissenkungen bei Strom und auch Gas sind nur möglich, wenn auch die Verbraucher aktiv werden.

"Wir versprechen uns von der neuen Bundesnetzagentur eine ganze Menge", sagt Energie-Experte Holger Krawinkel von der "Verbraucherzentrale Bundesverband". Sie sei die einzige Möglichkeit, den Strommarkt wieder zu beleben und einen Wettbewerb einzuleiten, der schließlich zu Preissenkungen führe. Ursache für die aktuelle Situation sind nach einhelliger Überzeugung von Verbraucherschützern und Energiepolitikern die Durchleitungsgebühren. Die großen Konzerne erheben sie, wenn sie ihre Stromleitungen den Mitbewerbern zur Verfügung stellen. Mit durchschnittlich 6,5 Cent/Kilowattstunde liegen diese Entgelte in Deutschland europaweit an der Spitze. Die britischen Stromversorger etwa kommen mit dem halben Betrag aus. Die neue Behörde soll bei den Leitungsgebühren ansetzen und über ihre Regulierung einen fairen Wettbewerb sicherstellen. Zum Wettbewerb gehört allerdings mehr: konkurrierende Anbieter und vor allem Verbraucher, die bereit sind, zum günstigsten Stromlieferanten zu wechseln. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums Rheinland-Pfalz haben seit 1998 bundesweit nur drei bis vier Prozent aller Stromkunden den Anbieter gewechselt. Bei den Stadtwerken Trier (SWT) liegt die Quote sogar nur bei einem Prozent. Zum Vergleich: In Großbritannien beträgt die Wechselquote zwölf Prozent. Thomas Kiewel, Leiter Vertrieb Privatkunden der SWT, führt das auf die Versorgungssicherheit, Verlässlichkeit, Nähe, persönliche Betreuung und das Engagement der Stadtwerke für Stadt und Region zurück. Dabei sind die Hilfestellungen für Wechselwillige zahlreich. Die "Stiftung Warentest" hat auf ihrer Internet-Site Hinweise zur Berechnung der Stromkosten und zu günstigen Anbietern aufgelistet und erklärt auch, was beim Wechsel zu beachten ist. Außerdem bietet sie Links an zu anderen Verbraucher-Organisationen. Auch die "Bundesnetzagentur" hat Tipps ins Internet gestellt. Schließlich bieten die Verbraucherzentralen eine Energieberatung an. Schon jetzt könnte sich für manche ein Wechsel lohnen. Immerhin liegen nach Berechnungen der "Stiftung Warentest" die Stromkosten für einen Vier-Personen-Haushalt mit 4000 Kilowattstunden Jahresverbrauch zwischen 764 beim günstigsten und 949 Euro beim teuersten Anbieter. Wobei zu berücksichtigen ist, dass die meisten teuren Anbieter Ökostrom verteilen und dafür die höheren Produktionskosten weitergeben müssen. Im Übrigen bleiben die Ratschläge der 70er Jahre weiter aktuell: Energiesparbirnen energiegünstige Hausgeräte energiesparende Aufstellung (kein Kühlschrank neben den Herd) Trennung von Apparaten mit Standby-Funktion vom Netz Energiefresser wie Wäschetrockner oder Elektroheizung wenig benutzen Allein Sorgfalt beim Energieverbrauch und Anbieterwechsel könnte das Haushaltsbudget entlasten. Setzt sich auf dem Markt freier Wettbewerb durch, so dürften nach der Berechnung von Holger Krawinkel die Energiekosten noch einmal um mindestens 100 Euro sinken - allein beim Strom. Bei Erdgas wäre die Einsparung doppelt so hoch. Aber dort hat es nie einen funktionierenden Wettbewerb gegeben. Die "Bundesnetzagentur" dazu kurz und knapp: "Ein Wechsel ist für einen Haushaltskunden in der Praxis zur Zeit noch nicht immer möglich, da es fast keine Anbieter für dieses Kundensegment gibt." Weitere Informationen: www.bundesnetzagentur.de www.stiftung-warentest.de www.stromtip.de Verbraucherberatung Trier 0651/48802, Energieberatung bei der Verbraucherberatung Rheinland-Pfalz, Hans Weinreuter, Telefon 06131/284842

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