Streit um Fernseh-Gebühren

Berlin. Der Streit um die Höhe der Rundfunkgebühren neigt sich dem Ende zu. Sechs Ministerpräsidenten und zwei Intendanten der öffentlich-rechtlichen Sender haben sich in Berlin zwar abermals nicht auf den Betrag einigen können, um den die Fernseh- und Radiogebühren (derzeit 16,15 Euro monatlich) steigen sollen. Doch ist ein Kompromiss in greifbare Nähe gerückt.

Die zuständige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hatte vorgeschlagen, die Gebühr ab Januar 2005 um 1,09 Euro zu erhöhen. Das wollten vor allem die Regierungschefs Edmund Stoiber (Bayern), Peer Steinbrück (Nordrhein-Westfalen) und Georg Milbradt (Sachsen) nicht akzeptieren - weil sie die Interessen der werbefinanzierten Privatsender wahren möchten, die sich im knallharten medialen Wettbewerb benachteiligt fühlen. Jedenfalls beschlossen die sechs Ministerpräsidenten am Montag, die Gebühr ab April 2005 nur um 86 Cent steigen zu lassen. Unterschrieben werden soll dies auf der Ministerpräsidentenkonferenz Anfang Oktober in Berlin. Danach müssen noch alle 16 Landtage und Bürgerschaften das Vertragswerk absegnen. Stoiber bezeichnete den Beschluss, um den hinter den Kulissen monatelang gerungen wurde, als "Notbremsung". Angesichts der Tatsache, dass "wir alle vor gewaltigen Einsparungen stehen", sei eine Gebührenerhöhung über einen Euro hinaus nicht möglich gewesen. Zudem bemühte der bayerische Ministerpräsident die Europäische Kommission, die sich womöglich in die Debatte um die deutschen Rundfunkgebühren einschalten könnte, was "schlimm" wäre und verhindert werden müsse. Ähnlich äußerte sich der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), der zugleich Vorsitzender der Rundfunk-Kommission der Länder ist. Beck hätte zwar lieber die Empfehlung der KEF beherzigt, doch musste er sich der Tatsache beugen, dass dies in der Ministerpräsidentenkonferenz nicht durchsetzbar war. Er nannte den Kompromiss vertretbar. Den öffentlich-rechtlichen Sendern bleibt wohl nichts anderes übrig. Gewiss könnten sie versuchen, die Abweichung von der KEF-Empfehlung vom Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen, doch scheuen sie dem Vernehmen nach davor zurück. Ein Verfahren in Karlsruhe könnte mehrere Jahre dauern, und der Ausgang wäre ungewiss. ARD-Chef Jobst Plog und ZDF-Intendant Markus Schächter erklärten nach dem Treffen in Berlin, man werde genau darauf achten, dass der vorgeschriebene Weg zur Festsetzung der Gebühr eingehalten werde. Betrag und Verfahren seien jedenfalls "problematisch". Die um 30 Cent geringere Gebühr wird die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten rund 120 Millionen Euro pro Jahr kosten. Darüber hinaus müssen sich ARD und ZDF verpflichten, weitere Sparanstrengungen zu unternehmen. Ferner verlangen die Ministerpräsidenten Strukturveränderungen, die bis zum Jahr 2009 "entscheidungsreif auf dem Tisch liegen müssen" (Beck). So sollen 555 Stellen eingespart werden (ARD 255, ZDF 300), das Sponsoring der Programme reduziert und das Programmangebot gedeckelt werden. Möglicherweise wird der flächendeckende terrestrische Antennen-Empfang, der die Sender jährlich 255 Millionen Euro kostet, aber nur noch von sieben Prozent der Zuschauer genutzt wird, eingeschränkt.

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