Themenkonferenz "Gesundheitswesen und Industrie im Jahr 2030": Wir sind doch keine Maschinen

Trier · Wie arbeiten wir im Jahr 2030? Unter diesem Motto hat die Landesregierung einen Dialog mit Wissenschaft und Wirtschaft angestoßen.

Ob autonomes Fahren, Roboter in der Altenpflege, Videobrillen mit virtuellen Realitäten bei Operationen oder Gesundheitsapps mit direkter Verbindung zum Arzt als Langzeittherapie: Immer mehr Technik hält Einzug in das Leben der Menschen. Für die einen spannend, für die anderen beänstigend - und keiner wird daran vorbeikommen. Mit vorn dabei sein wird, wer bereits Antworten für die "Zukunft der Arbeit" gefunden hat.
Unter selbigem Motto will die rheinland-pfälzische Landesregierung noch in diesem Herbst einen Masterplan fürs Land vorlegen, wo die wichtigsten Aufgaben für die Politik in den kommenden Jahren festgehalten werden sollen. "Wir wollen beim technologischen Fortschritt mithalten, aber gleichzeitig für sichere und gute Arbeitsplätze in einer digitalisierten Welt sorgen", sagt die rheinland-pfälzische Arbeitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler zur vierten Themenkonferenz "Gesundheitswesen und Industrie im Jahr 2030" in der Europäischen Rechtsakademie in Trier.

Rund 60 Teilnehmer aus Wissenschaft, von Arbeitgebern, Gewerkschaften und Sozialverbänden wissen nämlich bereits, wo in den Betrieben der Schuh drückt: Wie nehme ich etablierte Arbeitnehmer zwischen 40 und 60 Jahren mit? Wer hat das Sagen: der Mensch oder der Roboter? Wie viele gering Qualifizierte braucht ein Betrieb noch? Braucht das Gesundheitssystem noch Ärzte? Wie müssen Schüler und Lehrer für die Zukunft gerüstet sein? Kann ein Roboter einem Demenzkranken menschliche Zuneigung geben?

Nun heißt es, dazu Lösungen zu finden, damit "nicht technisch Machbares zum alleinigen Maßstab in der Arbeit wird", gibt die Ministerin als Losung aus. Fakt ist: "In vielen Branchen wie dem Mittelstand und auch in den Schulen sind wir von der Arbeit 4.0, also einer Digitalisierung, weit entfernt", hält der Arbeitswissenschaftler Professor Ralph Bruder von der TU Darmstadt fest. Dabei habe der Mensch viele Gestaltungmöglichkeiten, "da er die Technik gestaltet", sagt er. Folglich seien Horrorszenarien fehl am Platz. Im Gegenteil: Ein Mehr an Technik bedeute auch "eine Renaissance des Zwischenmenschlichen", sagt Bruder. Ein Beispiel: Viele Deutsche verfassten nur noch mit ihren Tablets und Smartphones Texte, und dennoch seien noch nie so viele Buntstifte verkauft worden, weil ein Großteil der Erwachsenen in ihrer Freizeit nun Mandalas ausmale oder Buchstaben verziere.

Praktiker wie Gerald Gaß, Geschäftsführer des Landeskrankenhauses Andernach, sehen in mehr automatischen Prozessen in Operationssaal oder bei der Diagnose viel Potenzial: "Manchmal werden zehn Medikamente gleichzeitig verschrieben. Algorithmen könnten in dem Fall helfen zu klären, ob alle Pillen nötig sind und ob es Wechselwirkungen gibt." Gleichzeitig müsse der Mensch mit seinen individuellen Behandlungsmöglichkeiten immer noch im Mittelpunkt stehen.

Auch Manfred Dangelmeier vom Fraunhofer IAO Stuttgart sieht eine große Veränderung der Arbeit und bei den Qualifizierungsanforderungen der Mitarbeiter, aber auch der Führungskräfte: "Unschlagbar werden Teams sein, in denen der Mensch Fachwissen hat, das er mit Hilfe der Technik einsetzen und optimieren kann." Und Arbeitswissenschaftler Bruder ergänzt: "Führungskräfte müssen künftig viel stärker beweisen, warum sie besser als perfekte Maschinen sind, etwa, weil sie Sozialkompetenz besitzen", sagt er. "Eine Erkenntnis" auf dem Weg zur Zukunftsgestaltung der Arbeit hat Ministerin Bätzing-Lichtenthäler bereits für den neuen Masterplan: "Die Mitarbeiter sind der Schlüssel zum Erfolg." Sie müssten an die Technik herangeführt werden und ihre Chance darin erkennen.

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