Trierer schnappen Bonn den Müll weg

TRIER. Müll-Streit vor dem Kadi: Weil eine Tochtergesellschaft des Zweckverbands Abfallwirtschaft im Raum Trier (ART) künftig die Gelben Säcke aus Bonn sortieren soll, hat ein Konkurrent die ART verklagt. Jetzt müssen Trierer Verwaltungsrichter in dem verzwickten Fall entscheiden.

Joghurtbecher, Zahnpastatuben oder Ketchup-Plastikflaschen, die Bonner Verbraucher in den Gelben Sack stecken, werden ab 1. Januar kommenden Jahres in Trier sortiert. Ein wenig paradox, aber so funktioniert Marktwirtschaft. Die ART GmbH, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des Zweckverbands ART, war bei einer neuen Sortier-Ausschreibung des Dualen Systems (DSD) einfach billigster Bieter und bekam den Zuschlag. Das allerdings stieß dem ART-Konkurrenten und Bonner Platzhirsch TK Umweltdienste GmbH übel auf. Das zur Hälfte der RWE Umwelt Rheinland gehörende Entsorgungsunternehmen hat vor dem Trierer Verwaltungsgericht Klage und Antrag auf einstweilige Anordnung eingereicht. Per Gerichtsentscheid soll dem Ausschreibungsgewinner ART nun der für drei Jahre erteilte Auftrag wieder abgenommen werden. Ein ungewöhnlicher Schachzug - aber offenbar nicht völlig chancenlos. Denn laut rheinland-pfälzischer Gemeindeordnung (Paragraph 85) darf eine Kommune wirtschaftliche Unternehmen nur dann errichten, wenn "der öffentliche Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt wird oder erfüllt werden kann". Genau das aber sei im vorliegenden Fall gegeben, meint Rechtsanwalt Christian Bracher (Berlin), der die TK Umweltdienste juristisch vertritt. Es gehöre nicht zu den Aufgaben einer rheinland-pfälzischen Kommune, "in Bonn solche Leistungen zu erbringen". Beklagt hat der Bonner Entsorger nicht die 1991 "aus marktwirtschaftlichen Erwägungen" (Eigenwerbung) gegründete ART GmbH, die die Ausschreibung gewonnen hat, sondern deren "Mutter", den Zweckverband. Der wurde vor über 30 Jahren von der Stadt Trier und dem Landkreis Trier-Saarburg gegründet, ist also eine rein kommunale Angelegenheit. ART-Verbandsvorsteher Richard Groß gibt sich gelassen. "Ich bin zuversichtlich, dass wir den Auftrag behalten", kommentiert der Trier-Saarburger Landrat die Klage und kann sich eine lästerliche Bemerkung nicht verkneifen: "Da hätte die Privatwirtschaft eben billiger anbieten müssen." Brancheninsider glauben indes den Grund für die Bonner Klage zu kennen: "Die RWE hat in der letzten Ausschreibungsrunde des Dualen Systems massenhaft Aufträge verloren, weil sie zu teuer waren", sagt einer, der seit Jahren in leitender Position im Entsorgungsgeschäft arbeitet. Um davon abzulenken, dass man schlecht kalkuliert habe, werde nun versucht, anders an die Aufträge zu kommen: "Das ist ein Rachefeldzug." Allerdings einer, der nicht von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist. Juristen räumen der Gelbe-Säcke-Klage durchaus Chancen ein. Weil der Sachverhalt offenbar rechtlich nicht so ganz einfach ist, benötigt auch das Trierer Verwaltungsgericht eine etwas längere Bedenkzeit. "Bei so einer Sache soll man nichts übers Knie brechen", sagt Gerichtspräsident Michael Zimmer. Mit einer ersten Entscheidung sei frühestens in zwei Wochen zu rechnen.

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