Tücken im Kleingedruckten

Die SPD sitzt tief im Umfragekeller. Da braucht es viel Aufmunterung, um die Bürger gnädig zu stimmen und der verzagten Parteibasis Zuversicht einzuhauchen. Das passende Rezept glaubt Franz Müntefering mit der Bürgerversicherung gefunden zu haben.

Allein der Begriff beinhaltet scheinbar alles, was Partei und Volk so schmerzlich vermissen: soziale Gerechtigkeit, sozialdemokratische Wärme und natürlich Solidarität. Beamte und Selbständige sollen sich nicht mehr länger der gesetzlichen Krankenversicherung entziehen dürfen. Auch Kapitaleinkünfte werden beim Beitrag berücksichtigt. Kurzum, alle zahlen auf alles ein. Das klingt sicher populär. Allerdings nur in der Überschrift. Die Tücken lauern im Kleingedruckten. Was geschieht mit dem Arbeitgeberanteil zum Krankenkassenbeitrag? Hat der Unternehmer künftig nichts mehr mit den Gesundheitskosten zu tun, weil der Betrag eingefroren und an den Arbeitnehmer ausbezahlt wird? Wo liegt die Beitragsbemessungsgrenze, wenn künftig alle individuellen Einkünfte eine Rolle spielen? Wer ist für die Erfassung der Mieteinnahmen oder Zinsen zuständig? Werden die Krankenkassen zu verkappten Finanzämtern? Und was passiert eigentlich mit der privaten Krankenversicherung, die ihre Beiträge am individuellen Krankheitsrisiko ausrichtet? Nur wenige Fragen, die sich nicht durch noch so wohlfeile PR-Arbeit im Berliner Willy-Brandt-Haus beantworten lassen. Zumal der Schuss auch kräftig nach hinten los gehen kann: Seit Jahresbeginn müssen Ruheständler den vollen Krankenkassenbeitrag auf ihre Betriebsrente zahlen. Entsprechend groß war die öffentliche Entrüstung. Dabei handelte es sich nur um einen Vorgeschmack auf die Bürgerversicherung. nachrichten.red@volksfreund.de

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