Verlängerte Werkbank wackelt

TRIER. (hw) Die Arbeitswelt verändert sich rasant: Vor allem in der Industrie sind Arbeitsplätze in Gefahr. In Asien oder Osteuropa lässt sich vieles billiger produzieren, und im Internet bieten Informatiker, Ingenieure oder Konstrukteure ihre Dienstleistungen für ein paar Euro Stundenlohn an.

Ist Deutschland konkurrenzfähig? Immer mehr Unternehmen drohen mit der Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland. Wie sehen ihre Zukunftschancen aus? In der Reifenbranche kriselt es: Absatzprobleme, Verdrängungsprozess - bei den internationalen Reifenkonzernen wird gespart, wo es nur geht. In der Region Trier gibt es gleich zwei große Reifenwerke, doch die Aussichten bei Michelin in Trier und bei Goodyear Dunlop in Wittlich sind recht unterschiedlich. Während Michelin knapp 140 Mitarbeiter nach Hause schickt und die Drahtcord-Herstellung einstellt ("Das Reifen-Vorprodukt kann billiger zugekauft werden", so die Konzernleitung), baut Dunlop in Wittlich für 15 Millionen Euro ein neues Zentrallager. Heinz Kürten, Dunlop-Personal-Chef im Werk Wittlich, erklärt dies mit der hohen Flexibilität im Werk. "Wir haben uns bereits 1998 mit dem Betriebsrat auf eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden ohne Lohnausgleich geeignet und so eine Standortsicherung für Wittlich erreicht." Die Anpassungsfähigkeit sei im Konzern extrem wichtig. In Wittlich läuft die Produktion 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche. "So etwas erkennt die Konzernleitung an und investiert in den Standort." Seit 1998 ist die Mitarbeiterzahl bei Dunlop in Wittlich von rund 750 auf heute 900 gestiegen. Erst vor wenigen Wochen verlängerte die Konzernleitung von Goodyear-Dunlop mit dem Gesamtbetriebsrat den Standortsicherungs-Pakt bis 2007. "Es ist unser Ziel, mit dieser Vereinbarung unser klares Bekenntnis zum Standort Deutschland zu untermauern", sagte damals der Vorsitzende der Geschäftsführung, Gerd Grünewald. Gleichzeitig forderte er aber auch "eine gewisse Flexibilitätsreserve".Abschied von starren Systemen

Flexibilität ist auch in anderen Branchen das "Zauberwort", um den Standort Deutschland attraktiv zu halten. Für Siegenia-Aubi-Werksleiter Bodo Brombacher (Hermeskeil, 600 Mitarbeiter) bietet die Globalisierung dann Chancen. Der Hersteller von Türbeschlägen hat Werke in Polen und China. "Mit vier neuen Arbeitsplätzen in Polen sichern wir bei uns hier einen Arbeitsplatz." Die meisten Firmen würden nicht eine Komplettverlagerung in Billiglohnländer vollziehen, sondern dort nur Komponenten günstiger herstellen, damit sie im internationalen Wettbewerb weiter bestehen könnten. Für Brombacher braucht der Standort Innovation: "Das heißt, Abschied von starren Systemen." Wichtig sei dabei, dass man die Entwicklungen vor Ort habe, damit man auf Krisen reagieren könne. Denn nur Innovationen würden in Deutschland Arbeitsplätze schaffen. "Wenn man nur einen Teil eines Produktes zuliefert, ist die Gefahr groß, dass ein Werk nicht mehr auf Schwankungen reagieren kann, und spätestens dann hat man die Zukunft nicht mehr in eigenen Händen."

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