Vertrauen ist weg

LUXEMBURG. Luxair hat erneut Öl ins Feuer im Streit mit den Piloten gegossen. Der Fokker-Absturz im Herbst 2002 sei einzig und allein Schuld der sechs entlassenen Piloten. Sie hätten Vorschriften missachtet und Informationen vorenthalten, heißt es in einem Brief an alle 140 Luxair-Piloten.

Selbst langjährige Piloten sind sprachlos angesichts der Tonart, die Luxair-Chef Christian Heinzmann gegenüber ihnen anschlägt. "Das ist einfach nur dreist, wie mit uns verfahren wird", sagte ein Pilot der luxemburgischen Fluglinie gestern dem TV . Am Dienstag, als die sechs gekündigten Piloten zum Entlassunsgespräch bei der Luxair-Leitung antreten mussten, wurde den 140 Piloten ein dreiseitiger Brief ausgehändigt, unterzeichnet von Heinzmann. In dem Schreiben, das dem TV vorliegt, heißt es, angesichts des "fahrlässigen Missmanagement und des Missbrauchs ihrer Positionen und der Unfähigkeit, ihre Pflichten innerhalb des Unternehmens zu erfüllen, haben wir keine andere Wahl gehabt." Während der internen Untersuchungen zu den Ursachen für den Absturz am 6. November 2002 sei man auf ein System gestoßen, dass ein solches "gefährliches Verhalten" möglich gemacht habe. Der Unfall habe gezeigt, dass seit Jahren die Flugsicherheit nicht ernst genommen worden sei. "Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass der Unfall nicht geschah, weil eine optionale Sicherheitsvorrichtung eingebaut war, sondern weil es eine Vielzahl an Verletzungen von Sicherheitsvorschriften gab", so Heinzmann. Und das, obwohl in dem im Dezember vorgelegten Abschlussbericht zum Fokker-Absturz eindeutig darauf hingewiesen wird, dass mit dem möglichen und auch vom Flugzeugbauer Fokker empfohlenen Einbau eines Zusatzteils hätte verhindert werden können, dass der Pilot beim Landeanflug die Schubumkehr einlegen konnte und damit das Flugzeug zum Absturz brachte. "Wir streiten ja gar nicht ab, dass der Pilot Fehler gemacht hat. Aber es gab einfach auch eine Verkettung von unglücklichen Umständen, die zum Absturz geführt haben. Davon will die Luxair-Führung nichts mehr wissen", kritisierte gestern ein Sprecher der luxemburgischen Pilotenvereinigung ALPL. Bereits kurz nach dem Absturz wurde gemutmaßt, dass ein Pilotenfehler die Ursache sein könnte. Vehement stritt Heinzmann das ab. Nachdem der Abschlussbericht vorgelegt worden war, sagte er, er sei von den entsprechenden Mitarbeitern seines Hauses falsch informiert worden und habe nur deshalb menschliches Versagen ausgeschlossen. Seitdem stehen die Piloten bei Luxair unter Beschuss. Zwar schreibt Heinzmann, dass man den Piloten nicht den "Krieg" erklären wolle, er macht aber unmissverständlich klar, was er von ihnen erwartet: Kein Pilot müsse künftig mit disziplinarischen Maßnahmen rechnen, so lange er sich an die neuen Regeln halten würde. "Wir können einfach kein Vertrauen mehr zu Heinzmann haben", sagt der Pilot. Zwar stehe man weiter zu Luxair ("Das ist eine tolle Gesellschaft. Wir sind stolz auf sie."), aber nicht mehr zum Management. Er wisse nicht, wie Heinzmann den in dem Brief angekündigten Neustart von Luxair schaffen wolle, wenn die Piloten gegen ihn seien. Doch bei Luxair verteidigt man weiterhin die Vorwürfe gegen die geschassten Piloten. Sie seien eben verantwortlich für den Absturz. Man könne nicht mit Gewissheit sagen, dass eine technische Sperre für Propellereinstellungen den Absturz hätte verhindern können, wenn gleichzeitig der Pilot Fehler mache und Chaos im Cockpit herrsche, so ein Luxair-Sprecher.

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