Viel Arbeit in Europa

TRIER. Die Wirtschaft beklagt, dass die Europäische Union die Fördergelder für das Lehrlings-Programm "Leonardo" kürzt. Damit würden die Auszubildenden schlechter gestellt als Studierende.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) schlägt Alarm. Denn der Bildungsausschuss des Europa-Parlamentes habe mit der Entscheidung, den Studentenaustausch zu Lasten der beruflichen Bildung stärker zu fördern, ein "falsches politisches Signal" gesetzt. Die berufliche Bildung solle mit nur 23 Prozent an den europäischen Austauschprogrammen bedacht werden. Es gebe eine Umschichtung zugunsten des Studentenprogramms Erasmus und zu Lasten des Lehrlings-Programms Leonardo. Das sei weniger als der Vorschlag der EU-Kommission.Betriebe und Azubis im Nachteil

Eine weitere Verschärfung komme Azubis wie Studierenden zu, weil das gesamte Geldpaket von 13,6 auf 8,2 Milliarden Euro schrumpfe. "Das wäre nicht nur schlecht für die Lehrlinge - auch die Betriebe sind im Zuge der Globalisierung zunehmend auf Fachkräfte mit Fremdsprachenkenntnissen und internationalen Erfahrungen angewiesen", kritisiert der DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. In die gleiche Kerbe haut auch Triers Handwerkskammer-Hauptgeschäftsführer Hans-Hermann Kocks: "Solche Pläne sind ein weiterer Beitrag gegen die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung", sagt er. Die deutsche Wirtschaft setze auf Wettbewerbsfähigkeit, doch eine Kürzung der Mittel verhindere die Auslandserfahrung im dualen System. "Viele Betriebe in der Region arbeiten jenseits der Grenzen, nicht nur in Luxemburg, auch in Frankreich. Für die ist es wichtig, Fachpersonal zu haben", sagt Kocks. Allerdings ist es schwer auszumachen, wie viele Auszubildende über das EU-Programm Leonardo einen Teil ihrer Ausbildung im Ausland verbringen, weiß Hans-Josef Puch vom Europa-Service der Arbeitsagentur für Rheinland-Pfalz und das Saarland in Trier. "Das Leonardo-Programm hat einige Haken, weil nur gleichwertige Ausbildungen über Grenzen ausgetauscht werden können", sagt er. Dafür gebe es aber nur wenige Berufe. "Das deutsche Ausbildungssystem ist einmalig in Europa", sagt Puch - ein Grund, weshalb nur wenige junge Leute auch ins Ausland gingen. Anders sieht sie Situation bei den Arbeitsvermittlungen ins Ausland aus. Dort trennen die Mitarbeiter der Arbeitsagentur in "Luxemburg und den Rest der Welt", wie Hans-Josef Puch sagt. Deutschlandweit seien bislang 6000 Beschäftigte ins europäische Ausland vermitteln worden. Sei es, dass deutsche Unternehmen mit Sitz in Irland für ihr dortiges Call-Center deutsche Mitarbeiter suchen oder ein großer Bedarf an Bauarbeitern für den Tunnel-Bau in der Schweiz besteht: "Da braucht man einen großen Bewerberpool, um den Bedarf an Stellen zu decken", sagt Vermittler Puch. Ob dies allerdings ein Allheilmittel zur Bewältigung der Arbeitslosigkeit ist? Er ist skeptisch: "In der Gesamtsumme wird die europaweite Arbeitsvermittlung zwar die Arbeitslosigkeit senken, aber nicht in einer riesigen Größenordnung."

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