Viel Wut und noch mehr Ratlosigkeit

Erst demonstrierten sie vor den Lebensmittel-Discountern, dann vor den Molkereien. Gestern fuhren gut zwei Dutzend Milch-Bauern mit ihren Traktoren zur Geschäftsstelle des Trierer Bauernverbands. Der Grund war auf einem Schild zu lesen: "Bauernverband - warum bist du gegen deine Bauern?"

 Vor der Geschäftsstelle des Bauernverbands protestierten Milch-Bauern gestern gegen zu niedrige Milchpreise. TV-Foto: Friedemann Vetter

Vor der Geschäftsstelle des Bauernverbands protestierten Milch-Bauern gestern gegen zu niedrige Milchpreise. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Walter Clüsserath hat derzeit keinen beneidenswerten Job: Der Fasswein-Winzer ist im Nebenamt Chef des örtlichen Bauernverbands und damit im Moment eher eine Art Feuerwehrmann. Denn es brennt bei seiner landwirtschaftlichen Klientel an fast allen Ecken und Enden. Ob bei Fleisch, Getreide, Wein oder Milch - die Preise sind überall im Keller, viele Bauern wissen nicht mehr, wie sie rund kommen sollen.

Besonders arm dran sind derzeit viele Milch-Bauern: 20 Cent pro Liter gibt's, etwa das Doppelte bräuchten sie, um gut über die Runden zu kommen. Das sagt etwa Norbert Zehren aus Beuren im Saargau. Der Landwirt hat sich an diesem Donnerstagmittag auf seinen Traktor gesetzt und ist - gemeinsam mit rund 20 Kollegen - nach Trier gefahren. Hier steht der Trupp Landwirte jetzt vor der Geschäftsstelle des örtlichen Bauernverbands und ist sauer auf die eigenen Funktionäre. "Wir stehen alle mit dem Rücken zur Wand", sagt Zehrens Kollege Stefan Kaiser, "und der Verband lässt uns im Regen stehen." Jetzt haben die Protestierer nach eigenen Angaben die Nase voll und drohen mit einer Austrittswelle, wenn "die da oben" nicht endlich auf "uns hier unten" hörten.

Wenn das denn mal so einfach wäre. Rund 140 Milch-Bauern gibt es im Trier-Saarburger Beritt, über 800 rund um Bitburg, 250 im Vulkaneifelkreis und 150 im Kreis Bernkastel-Wittlich. Im restlichen Rheinland-Pfalz kommen noch einmal 1000 hinzu. Macht im Ergebnis knapp 2500 Milch-Bauern und viele unterschiedliche Meinungen. Als vor drei Jahren im Bauernverband Rheinland-Nassau über die Abschaffung der Quotenregelung abgestimmt worden sei, war Trier-Saarburg laut Kreisvorsitzendem Walter Clüsserath der einzige von 14 Kreisverbänden, der für die Beibehaltung votiert habe. "Wenn ihr demonstrieren wollt, geht besser nach Bitburg oder Wittlich. Da wurden damals andere Positionen vertreten", sagt Clüsserath den Demonstranten.

Dabei ist auch der Verband Rheinland-Nassau mit seinen 19 000 Mitgliedern nur einer von vielen unter dem Dach des Deutschen Bauernverbands, der zweitkleinste obendrein. Wird hier etwas mehrheitlich beschlossen, besagt das noch lange nicht, dass dies etwa der neun Mal stärkere bayerische Verband genauso sieht. Und auch auf europäischer Ebene gilt: 27 EU-Mitgliedsländer, viele unterschiedliche Meinungen. Während etwa viele regionale Milch-Bauern derzeit fordern, die Quote zu senken, damit die Preise steigen, möchten Länder wie Italien oder Polen am liebsten noch mehr Milch produzieren. Eine schwierige Gemengelage. Sagt auch Bauern-Funktionär Walter Clüsserath und ist einigermaßen ratlos: "Wo das noch hinführt, weiß ich auch nicht." "Wenn sich nichts ändert, für viele in die Pleite", sagt einer der protestierenden Milch-Bauern.

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