Von grottenschlecht bis zufriedenstellend

Wittlich · An der Grenze zu Deutschland protestieren französische Bauern gegen niedrige Erzeugerpreise und die deutsche Konkurrenz. Die Landwirtschaft hierzulande steht in Sachen Tier- und Umweltschutz unter besonderer Beobachtung. Das rückt die Bilanz beim Erntegespräch des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau etwas in den Hintergrund.

Wittlich. Für Bauernpräsident Michael Horper ist das Erntegespräch 2015 eine Premiere. Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau hat nach Wittlich in die Räume der Raiffeisen Waren-Zentrale (RWZ) eingeladen, doch bevor Michael Horper (Üttfeld/Eifelkreis Bitburg-Prüm) über Wind, Wetter und Regen referiert, beklagt er die Lage des Berufsstandes. "Wir stehen in Sachen Tier- und Umweltschutz ungerechtfertigt in der Kritik", findet er. Der Verbraucher müsse heute knapp zehn bis 13 Prozent seines Einkommens für ausgezeichnete Lebensmittel hinlegen. "Das ist für die Verbraucher doch ein Schlaraffenland", sagt Horper. Für viele Landwirte sei die derzeitige Preisentwicklung dagegen existenzbedrohend.
Das Wetter hat diesmal den Landwirten nicht in die Karten gespielt. "Das Jahr 2015 war bisher viel zu trocken", sagt der Bauernpräsident. Der Juni erreichte mit einer durchschnittlichen Niederschlagsmenge in Rheinland-Pfalz von 58 Litern pro Quadratmeter nur knapp 70 Prozent des langjährigen Durchschnittswertes. Insgesamt war der Juni etwas zu warm und deutlich zu trocken. Auch im Mai regnete es mit 50 Litern pro Quadratmeter ebenfalls rund ein Drittel weniger als im langjährigen Mittel. Die Milchbauern, die derzeit einen Preisverfall hinnehmen müssen, werden auch durch die schlechte Ertragslage im Grünland gebeutelt - ihnen fehlt das Futter, denn zwar sei der erste Schnitt bis Anfang Mai noch sehr gut im Ertrag und in der Qualität gewesen. Die daraufhin folgende Trockenheit habe Verluste von 20 bis 25 Prozent bewirkt.Große Ertragseinbußen


Bei den meisten Betrieben könnten noch durchschnittliche Ernten bei Getreide und Raps eingefahren werden. Dennoch müssten die Betriebe in den sehr stark von der Trockenheit betroffenen Regionen deutliche Ertragseinbußen hinnehmen. Lediglich die Wintergerste sei sowohl vom Ertrag als auch von der Qualität noch überraschend zufriedenstellend. Dies liege vor allem daran, dass sie als erste zu erntende Frucht noch sehr stark von der Winterfeuchtigkeit profitiere.
Auffällig für den Bauernpräsidenten sind die teils sehr großen Unterschiede beim Ernteertrag. "Das Ergebnis unterscheidet sich stark, manchmal sogar von Parzelle zu Parzelle", erläutert Michael Horper. Und von "grottenschlecht bis zufriedenstellend" sei alles zu finden. So gebe es aufgrund der großen Trockenheit in der westlichen Eifel und im Hunsrück große wirtschaftliche Schäden. In anderen Gebieten könne man hingegen mit der Ernte noch zufrieden sein.
Wegen der europa- und weltweit guten Getreideernte werde es zwar zu keinen Höhenflügen bei den Getreidepreisen kommen, er erwarte aber stabile Preise auf mittlerem Niveau. Gerade die trockenheitsbedingten Ertragsminderungen und Qualitätseinbußen könnten zu höheren Preisen bei guten Qualitäten führen. Hier müsse aber das Ende der Ernte abgewartet werden. Die Erzeuger sollten die Marktentwicklung beobachten und angesichts der aktuellen Preisofferten keine voreiligen Entscheidungen treffen.
Mit Blick auf den Weltmarkt ist der Üttfelder Landwirt skeptisch. "Zunächst ist uns Russland als Absatzmarkt ausgefallen. Nun, nach guten Ernten in Russland und der Ukraine, treten diese als Konkurrenten auf dem Markt in Nordafrika in Erscheinung."
Für die Proteste der französischen Kollegen hat Horper durchaus Verständnis: "Die sind sehr, sehr spontan und recht rustikal." In Deutschland seien solche Aktionen indes schwierig. "Die französische Administration hat viel Verständnis. Bei uns würde das anders aussehen." Insgesamt sei die Lage der Landwirte bei "diesen Preisen", dort wie hier, kaum zu ertragen.

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