"Weggesteuertes" Eigentum

TRIER. Hausbesitzer reiben sich die Hände: Fällt demnächst eine Belastung weg? Die Grundsteuer soll verfassungswidrig sein. Seit längerem wird über eine Reform dieser Steuer diskutiert.

Warum man eigentlich Grundsteuer bezahlt, darüber hat sich wohl kaum ein Hausbesitzer bislang ernsthaft Gedanken gemacht. Man bezahlt sie meist ohne Murren, einfach so. Erst mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht rückt die Diskussion über die Grundsteuer in ein breiteres Blickfeld. Dabei wird auf Länderebene bereits seit längerem über eine Reform der so genannten Sollertragssteuer diskutiert. Länder wollen Grundsteuer reformieren

Bayern und Rheinland-Pfalz haben dazu im Januar 2004 einen Vorschlag unterbreitet. Sie wollen zum einen die Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliche Betriebe, die gerade mal 3,7 Prozent des gesamten Grundsteueraufkommens ausmacht, komplett abschaffen. Bei der Grundsteuer B für bebaute und unbebaute Grundstücke, die also alle Immobilienbesitzer betrifft, soll die Bemessungsgrundlage geändert werden. Begründung: Die Wertverhältnisse für rund 30 Millionen Grundstücke in Deutschland beruhten auf 1935 oder 1964 ermittelten "Einheitswerten". Ziel sei es, heißt es in dem Vorschlag der beiden Bundesländer, die Steuer "nach für den Bürger nachvollziehbaren, transparenten Kriterien zu ermitteln". Statt nach "veralteten" Einheitswerten sollen Grund und Immobilien künftig nach dem Bodenrichtwert, der Grundstücksfläche und der bewohnten Fläche berechnet werden. Die Einnahmen sollen allerdings weiter den Kommunen zukommen, die die entsprechenden Hebesätze festlegen. Ziel zweier Hausbesitzer aus dem Schwarzwald, die es mit einer Klage bis vors Bundesverfassungsgericht geschafft haben, ist es aber, die Grundsteuer komplett zu kippen. Sie sind der Ansicht, die Eigentumsgarantie des Grundgesetzartikels 14 verbiete es dem Gesetzgeber, auf Wirtschaftsgüter des persönlichen Gebrauchsvermögens zuzugreifen. Zusammen mit ihrem Anwalt, dem Heidelberger Juristen Jan Weber, berufen sie sich auf den 1995 ergangenen Vermögensteuerbeschluss. Damals hatte das Bundesverfassungsgericht die Vermögenssteuer als verfassungswidrig verworfen mit der Begründung, sie sei eine reine Sollertrags-Besteuerung. Sollertragssteuern besteuern nicht den tatsächlichen Ertrag (wie etwa die Einkommensteuer), sondern nur einen erwarteten, theoretisch erzielbaren Ertrag. Die Regeln für die Sollertragssteuern hatte vor zehn Jahren Paul Kirchhof, damals noch Richter am Bundesverfassungsgericht, aufgestellt. Juristen erwarten daher, dass das Gericht auch die Besteuerung selbst genutzter Häuser für verfassungswidrig erklärt. Ein Hauseigentümer habe ja keine Möglichkeit, sein Grundstück gewinnbringend zu nutzen. "Ihm wird jedes Jahr ein Teil seines Eigentums vom Fiskus weggesteuert", argumentiert Anwalt Weber. In der Finanzverwaltung geht man allerdings nicht davon aus, dass die Klage eine Chance hat. Und die Gemeinden hoffen auch, dass die Karlsruher Richter ihnen nicht eine wichtige Einnahmequelle wegnehmen.

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