Wie der Hase vor der Schlange

TRIER/NÜRNBERG. Sie schreibt seit Jahren dicke schwarze Zahlen und führte 2003 rund 16 Millionen Euro Gewinn an die Muttergesellschaft ab. Doch nun regiert der Rotstift bei der Telekom-Tochter DeTeCardService: Laut Gewerkschaftsangaben sollen rund 140 von 280 Mitarbeitern ihren Job verlieren. Auch der Standort Trier mit rund 90 Beschäftigten steht auf dem Spiel.

Seit Monaten schon hängen die rund 280 Mitarbeiter der Telekom-Tochter DeTeCardService in der Luft. Sie wissen, dass der Mutterkonzern jeden Arbeitsplatz in Frage stellt und auf seine Effizienz hin überprüft. Doch was das genau für die 1999 gegründete Tochter mit Schwerpunkt Prepaid (vorausbezahlte) Telefonkarten bedeutet, bleibt im Dunkeln.Proteste in Nürnberger Zentrale

Anfang Dezember platzt die Bombe. Etwa 140 Mitarbeiter sollen ihren Job verlieren, heißt es von der DeTeCardService-Geschäftsführung, ein Viertel der Angestellten in der Nürnberger Zentrale, die Hälfte der Mitarbeiter am Standort Malch, und für die Zweigstelle Trier soll es ganz dicke kommen: Sie steht ganz auf dem Spiel, die Jobs von rund 60 Beschäftigten sowie etwa 30 Zeitarbeitern und Studenten sollen gestrichen werden. Denn auf den DeTeCardService-Organigrammen taucht Trier gar nicht mehr auf.Der Protest folgt auf dem Fuße: Dutzende Mitarbeiter protestieren vor der Nürnberger Zentrale, während der Aufsichtsrat in Bonn tagt. "In Trier sind hochwertige Arbeitsplätze aus der Telekommunikation", sagt Manfred Fritschen, Fachbereichsvorsitzender für Telekommunkation der Gewerkschaft Verdi. Ein Wegfall dieses Bereichs in der Region könne auch die Funktion als Standort mit 60 Telekom-Azubis in Frage stellen.Ohnehin ist von dem einstigen Arbeitgeber Telekom in der Region Trier nicht mehr viel übrig geblieben. Waren vor wenigen Jahren noch 2000 Menschen bei dem einstigen Staatsbetrieb beschäftigt, so sind es nun 800 Mitarbeiter.Unmut macht sich bei Fritschen und dem DeTeCard-Betriebsratsvorsitzenden Klaus Rauh deshalb breit, weil die Telekom-Tochter einer der Goldesel des Telekommunkations-Riesen zu sein scheint. "Zwischen 1999 und 2002 haben wir jedes Jahr den Gewinn über Plan gesteigert. 2002 lagen wir bei über 20 Millionen Euro Gewinn, 2003 bei 16 Millionen Euro", sagt Rauh. Gefordert für 2004 seien zehn Millionen Euro, die nur mittels Personalabbau erreichbar seien. "Wir sind in einer Phase, in der wir den Konzern effizienter machen wollen", rechtfertigt Telekom-Sprecher Frank Domagala das Vorgehen. Dazu gehöre die Überprüfung jedes Konzernteils und Arbeitsplatzes. Hinter den Kulissen wird aber auch von Managementfehlern und einem Verzetteln bei Geschäftsbereichen wie dem "ARD-Jahreslos" auf Chipkarten geredet.Erstes "Sondierungsgespräch"

Mit dem Protest hat der Aufsichtsrat der Telekom-Tochter wohl nicht gerechnet, zumindest hat er die Ankündigungen der DeTeCardService-Geschäftsführung wieder relativiert. Der Aufsichtsrat fordere "nur" noch 7,3 Millionen Euro Gewinn, sagt der Betriebsrat. Dennoch halte DeTeCardService am Personalumbau im "Fit 2005"-Programm fest. "Jetzt wissen wir nur noch, dass Personal abgebaut wird, aber nicht wie viel. Wir sitzen wie der Hase vor der Schlange", sagt Klaus Rauh. Das sehe er erst mal positiv. Außerdem gebe es ein gutes Signal für Trier: "Die Tätigkeiten des Call Centers mit elf Personen sollen erhalten bleiben." Ob ein kleines Team in Trier betriebswirtschaftlich noch sinnvoll erscheint, bezweifelt selbst Betriebsrat Rauh. "Vieles ist interpretierbar", sagt er. Ähnlich schwammig äußert sich auch Telekom-Sprecher Frank Domagala: "Es gibt keine Entscheidung zu den DeTeCardService-Geschäftsfeldern und dem Standort Trier."Hoffnung legt Rauh nun auf ein erstes "Sondierungsgespräch" mit der Geschäftsführung am heutigen Donnerstag. Nichtsdestotrotz wollen die Beschäftigten zum Interessenausgleich einen Anwalt hinzuziehen. Denn Unverständnis überwiegt: "Wir akzeptieren die Entscheidung der DeTeCardService nicht, sondern werden den Standort Trier mit allen Mitteln verteidigen", sagt Verdi-Vertreter Manfred Fritschen.

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