Winterschlaf auf dem Arbeitsmarkt

Trier · Auch wenn der Anstieg der Arbeitslosigkeit zu Jahresbeginn "erschreckend erscheint", wie es die Experten der Arbeitsagentur formulieren, so hat dies doch mehrere Gründe: den Stillstand im Winter, zum Jahresende ausgelaufene Verträge, aber auch die zunehmende Aufnahme von Flüchtlingen in die Statistik. Und dennoch gibt es so viele offene Stellen wie kaum zuvor.

Trier. Ja, ein Anstieg der Arbeitslosigkeit von 0,6 Prozentpunkten innerhalb von vier Wochen in der Region Trier, aber auch im Land, sei "auffällig" und "enorm erschreckend", sagt Heidrun Schulz, Chefin der Regionaldirektion der Arbeitsagentur Rheinland-Pfalz-Saarland. Und gibt gleich Entwarnung: "Der Anstieg liegt aber immer noch unter dem im Vorjahr. Dies war zu erwarten", sagt sie.
Auch Heribert Wilhelmi, Chef der Trierer Agentur für Arbeit "bereitet dies kein Kopfzerbrechen". Weniger Beschäftigte auf dem Bau, in der Gastronomie, nach dem Weihnachtsgeschäft im Einzelhandel, aber auch die steigende Zahl anerkannter Flüchtlinge und ihre Registrierung in den Jobcentern (siehe Extra): "Der Januar ist der klassische Monat, in dem die Winterarbeitslosigkeit zuschlägt", sagt er. Dass er optimistisch bleibt, liegt daran, dass es im Vergleich zum Vorjahresmonat 1064 offene Stellen mehr gibt. Insgesamt werden 3685 Arbeitnehmer über die Arbeitsagentur gesucht.Schwerbehinderte fördern


Umso mehr sieht Wilhelmi die Notwendigkeit für die Agentur und die Betriebe, "angesichts von immer noch nahezu Vollbeschäftigung" mehr in Ausbildung zu investieren und Schwerbehinderte zu rekrutieren. "Zwar gibt es derzeit einen neuen Schwerpunkt Flüchtlinge, wir werden aber weder Langzeitarbeitslose noch Schwerbehinderte aus dem Blick geraten lassen", bekräftigt Schulz und verweist auf den Trierer Betrieb Hase Blechverarbeitung.
Mit seinen 155 Mitarbeitern hat Firmenchef Frank Schlicker nicht nur eine Ausbildungsquote von mehr als 20 Prozent. In seinem Betrieb arbeiten auch sechs, vor allem schwerhörige, Schwerbehinderte sowie ein Rollstuhlfahrer. "Wir sind sehr zufrieden mit unseren Mitarbeitern, die zum Teil seit 1992 bei uns arbeiten, und versuchen, dieses Engagement sogar auszubauen", sagt Schlicker.
Seit 1972 existiert das Unternehmen, und sowohl den Firmengründer wie auch den jetzigen Chef verbinden ganz persönliche Motive mit dem Engagement der Mitarbeiter mit Handicap. "Sowohl Hans Hase wie auch wir haben ein Kind mit Schwerhörigkeit", sagt er offen. Und so sei er bereit, viele junge Leute auch mit Handicap auszubilden. "Wir machen mit unseren Stahl- und Aluminiumkonstruktionen individuelle Handarbeit, die wir ohnehin selbst ausbilden müssen."
Eine Einstellungsbereitschaft, die auch auf Landesebene Anklang gefunden hat: Hase Blechverarbeitung hat jüngst den zweiten Platz beim Landespreis für die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen gewonnen. "Sie müsste man klonen", scherzt Heidrun Schulz von der Regionaldirektion und begründet dies mit ernstem Hintergrund: Während im Jahresschnitt die Arbeitslosigkeit zurückgegangen ist, ist sie bei Schwerbehinderten gestiegen (siehe Extra).Extra

Unternehmen mit mindestens 20 Arbeitsplätzen müssen laut Gesetz fünf Prozent der Stellen mit Schwerbehinderten besetzen. Erreichen die Arbeitgeber diese Quote nicht, müssen sie eine Ausgleichsabgabe zahlen. In der Region Trier gibt es eine Beschäftigungsquote der Schwerbehinderten von 4,1 Prozent, landesweit 4,2 Prozent. Insgesamt gibt es in der Region 871 schwerbehinderte Arbeitslose, Plus vier Prozent im Vergleich zum vergangenen Jahr. Landesweit sind es 7100 (plus 1,2 Prozent). Auffällig daran ist, dass knapp 57 Prozent von ihnen einen Berufs- oder gar Hochschulabschluss haben. Bei den übrigen Arbeitslosen waren es knapp 48 Prozent.sasExtra

Dass die Arbeitslosigkeit angezogen hat, liegt laut Heidrun Schulz, Chefin der Regionaldirektion der Arbeitsagentur Rheinland-Pfalz-Saarland, zu einem Viertel am Effekt steigender Arbeitslosigkeit von Flüchtlingen. Mit der zunehmenden Anerkennung von Asylsuchenden tauchten diese auch in der Statistik der Jobcenter auf. "Die meisten von ihnen werden nicht sofort in den Arbeitsmarkt zu vermitteln sein", sagt sie, so dass übers Jahr ein Anstieg der Arbeitslosigkeit in der Gruppe der Ausländer zu verzeichnen sein werde. "Dies wird spürbar sein und in der Statistik mit 0,1 bis 0,3 Prozentpunkten auftauchen." sas

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