Winterschuhe für deutschen Michel

TRIER/HANNOVER. Das Unfallrisiko auf winterlichen Straßen ist sechs Mal höher als im Sommer. Derzeit wird von Experten die Möglichkeit erörtert, die Benutzung von Winterreifen vom Gesetzgeber vorzuschreiben.

Der Winter ist da, und alljährlich stellt sich die Frage, ob man das Fahrzeug auf Winterreifen umrüsten soll. Diese sind Sommerreifen jedoch nicht nur auf Eis und Schnee haushoch überlegen, sondern auch auf trockenen und nassen Straßen im Winter. Ursache dafür ist eine unterschiedliche Gummimischung der Reifen. Die Profile von M+S-Reifen bleiben aufgrund des weicheren Gummis auch bei Frost elastisch und sorgen für den notwendigen Griff. Sommerreifen dagegen verhärten schon bei vergleichsweise geringen Plusgraden ab etwa sieben Grad.Unsichere Rechtslage

Dennoch bleibt in Deutschland das Aufziehen von Winterreifen Ermessenssache, eine gesetzliche Auflage gibt es (noch) nicht. Fakt ist jedoch, dass nach der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) jeder Fahrzeughalter und -führer grundsätzlich für die Sicherheit seines Fahrzeugs verantwortlich ist und damit im Zweifelsfalle auch haftbar gemacht werden kann. In der konkreten Situation hängt dies jedoch von den Verhältnissen des Einzelfalls ab. So können beispielsweise Versicherer oder Gerichte, die die Haftungsfrage zu klären haben, gegebenenfalls unterschiedlich urteilen. Bestes Beispiel dafür ist eine Entscheidung des Landgerichtes Trier vom 21. März 1986, die zwar keine allgemein verbindliche Wirkung hat, jedoch zeigt, dass im Einzelfall eine nicht saisongerechte Bereifung als Grund für eine Mithaftung angesehen werden kann. Dabei ging es um einen Unfall, in den ein Autofahrer verwickelt war, der auf einer vorfahrtsberechtigten Straße unterwegs und schuldlos am eigentlichen Unfallhergang war. "Wird das mit Sommerreifen ausgestattete bevorrechtigte Auto im Winter auf verschneiter Straße behindert und kommt es aufgrund des Bremsvorgangs ins Schleudern, ist eine Mitverursachungsquote von 20 Prozent anzunehmen", steht im Urteil. Versicherer legen die unsichere Rechtslage in der Regel zu eigenen Gunsten aus. Nach Ansicht der meisten Assekuranzen liegt im Fahren mit Sommerreifen bei winterlichen Verhältnissen ein grob fahrlässiges Verhalten vor. Der Fahrer eines dergestalt ausgerüsteten Fahrzeugs könne nicht angemessen auf die Fahrfehler anderer Verkehrsteilnehmer reagieren, wird argumentiert. Manche Versicherungen räumen vergünstigte Konditionen ein, wenn man mit Winterreifen unterwegs ist. Ein früher häufig gebrauchtes Argument, Winterreifen seien zu laut und führten zu erhöhtem Spritverbrauch, wurde mittlerweile längst ad absurdum geführt. Moderne Winterreifen sind aufgrund ihrer Gummi-Mischungen nur unwesentlich lauter als Sommerreifen und auch der Verbrauch liegt nur unwesentlich höher als bei Sommerreifen. Sogar die Höchstgeschwindigkeiten, die mit Winterreifen möglich sind, unterscheiden sich heute nicht mehr von jenen, die mit Sommerreifen erreichbar sind. Bei der Vorstellung einer Studie der Verkehrsforscher Dieter Ellinghaus und Jürgen Steinbrecher wurde auch über die Möglichkeit diskutiert, den Einsatz von Winterreifen per Gesetz zu manifestieren. Dabei zeigte sich jedoch, dass das deutsche Rechtssystem einer allgemein gültigen und verbindlichen Aussage zu diesem Thema sehr widersprüchlich gegenübersteht. Zudem müssten regionale Standortfaktoren und die Definition des Begriffs "Winter" berücksichtigt werden.

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