"Wo bin ich bloß hingeraten?"

TRIER. Mit einer offiziellen Verabschiedungsfeier geht am morgigen Samstag der langjährige Trierer Sparkassenchef Dieter Mühlenhoff in den Ruhestand. Seit 1989 stand er dem Geldinstitut in der Stadt Trier vor, das 1994 unter seiner Leitung mit der Sparkasse Trier-Saarburg fusionierte.

Seine Abschiedstournee hat er schon weit gehend hinter sich. Ein unsentimentales Schlusswort bei einer Kunden-Großveranstaltung, ein Fest im Kreis der Mitarbeiter, morgen zum Abschluss der unvermeidliche große Bahnhof mit den Würdenträgern von Region und Verbänden. Schreibtisch und Schrankwand sind längst geräumt. Dieter Mühlenhoff organisiert seinen Abgang mit der gleichen Mischung aus Unaufgeregtheit und Effizienz, mit dem er die Geschicke seines Bankinstituts 18 Jahre lang geleitet hat. Die Abwesenheit jeglicher nach außen wahrnehmbarer Manager-Hyperaktivität - auch in bewegten Zeiten - ist ein Markenzeichen des 64-Jährigen. Mühlenhoff führt diese Eigenschaft, die man in rustikaleren Zusammenhängen "Bierruhe" nennen würde, auf seine westfälische Herkunft zurück. Als der gebürtige Coesfelder nach sechs Vorstands-Jahren in Aachen 1989 die Nachfolge von Josef Marquenie in Trier übernahm ("Ich wollte Vorsitzender sein und nicht mehr Stellvertreter"), war Gelassenheit bitter nötig. An der Mosel tobte der Krieg um die Neugestaltung des Viehmarktplatzes - die Sparkasse mittendrin. Da konnte es dem neuen Chef schon mal passieren, dass ihm auf dem Weg zur Arbeit am Kaiserthermen-Kreisel Schmäh-Transparente von "Weg mit dem Betonklotz" bis "Die Stadtsparkasse ist pleite" ins Auge sprangen. "Ich kam nach Trier und hatte dieses Riesenloch geerbt", erinnert sich Mühlenhoff an die stürmische Dauerbaustellen-Phase. Die Sparkasse sei damals "der Prügelknabe gewesen für die Tiefgarage". Manchmal habe er "gedacht, wo bist du hier bloß hingeraten". Von Verständnis für die städtebaulichen Bedenken der Kritiker ist auch mit 15 Jahren Abstand nicht viel zu spüren. Ironie des Schicksals, dass er nach dem langjährigen Kleinkrieg nie so richtig in das neue Gebäude einzog. Denn unterdessen hatte die Politik überraschend den Weg frei gemacht für die lange kränkelnde Fusion zwischen den Sparkassen der Stadt und des Landkreises. Fast drei Jahre dauerte die Neuformierung mit allen Präliminarien und Nachwehen - er sei "beruflich nie so gefordert worden wie 1993 bis 95", sagt Mühlenhoff. Seinen Chefsessel stellte er dann im Ex-Kreissparkassen-Gebäude auf, wo er bis heute residiert. Inzwischen allerdings im fünften Stock, mit einem Traumblick auf Porta und Dom. Den werde er "schon ein bisschen vermissen", räumt er ein, wenn er demnächst als "Privatier" firmiert. Den Ausdruck hat er selbst ausgesucht. "Rentner" klingt vielleicht zu proletarisch, "Pensionär" zu sehr nach hochgelegten Beinen. Dazu wird der passionierte Radfahrer und Bergwanderer ohnehin schwerlich kommen, selbst wenn er seine unzähligen Schatzmeister-Ämter in Fördervereinen und Kultur-Initiativen sukzessive abgibt. Die ganz großen Pläne für den Ruhestand hat er eh nicht geschmiedet. Außer der Riesen-Modelleisenbahn, die seit Jahren auf dem Speicher des Aufbauens harrt. "Das mach' ich wirklich", entgegnet er dem ungläubigen Reporterblick. Und überhaupt das Hand- und Heimwerken, sein großes Faible. Mal sehen, wie viel Veränderung Ehefrau Ursula erträgt. Dass Dieter Mühlenhoff seinen Ruhestand ausgesprochen gelassen angehen kann, hat nicht nur mit seiner westfälischen Mentalität zu tun. Er hinterlässt ein Unternehmen in Bestform. Das sah nicht immer so aus. Als der Trierer Baumogul Lederer in den Neunzigern ins Schleudern geriet, wähnten viele die Sparkasse mit im Strudel. "Wir hatten die Sache immer im Griff", betont dagegen Mühlenhoff. Keine schlaflosen Nächte? "Nein, aber schon mal ein paar Kopfschmerzen." Das hatte wahrscheinlich mit den Summen zu tun, die die Sparkasse damals in den Wind schreiben (in Bänker-Sprache: wertberichtigen) musste. Angesichts der Blüte-Jahre, die folgten, ist die Geschichte heute eine Marginalie. Besonders die Nähe zu Luxemburg und der mächtige Bau-Boom bescherten Mühlenhoff prächtige Bilanzen und Spitzenplätze unter der Konkurrenz im Lande. Sein Unternehmen war gut aufgestellt und konnte die Chancen nutzen. Aber der Vorstandsvorsitzende ist ehrlich genug, eine andere Komponente zu nennen: "Wir können uns eigentlich vor Glück nicht retten." Das wird auch sein Nachfolger Remigius Kühnen brauchen können, den Mühlenhoff als "Idealfall eines internen Übergangs" bezeichnet. Kühnen wird die neuen Fusionspläne Richtung Eifel in Angriff nehmen. Ob Dieter Mühlenhoff diese Aufgabe noch gerne übenommen hätte? Ein leises, dreifaches "Ja" ist die Antwort. Aber auch Westfalen, denen man gemeinhin Dickschädeligkeit nachsagt, wissen, dass man loslassen können muss.

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