Zwischen Freispruch und mehrjähriger Haftstrafe

TRIER. Mit den Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigern ist gestern vor dem Landgericht der Prozess gegen einen ehemaligen Autohändler aus Trier fortgesetzt worden. Der 49-Jährige soll vor zwei Jahren seine Firma angezündet haben, um die Versicherungssumme zu kassieren.

Die Anspannung steht dem Angeklagten ins Gesicht geschrieben. Als das fünfköpfige Schöffengericht um seinen Vorsitzenden Rolf Gabelmann nach zehnminütiger Beratung wieder in den Sitzungssaal 130 kommt, könnte man eine Stecknadel fallen hören, so ruhig ist es. Dann fallen die aus Sicht des Angeklagten erlösenden Worte: „Der Antrag des Staatsanwalts wird abgelehnt“, sagt Gabelmann.

Merklich entspannen sich die Gesichtszüge des 49-jährigen ehemaligen Autohändlers. Verständlich. Denn Staatsanwalt Wolfgang Spies hatte kurz zuvor beantragt, den gegen eine Kaution in Höhe von 50 000 Euro außer Vollzug gesetzten Haftbefehl wieder in Kraft zu setzen – wegen Fluchtgefahr des Angeklagten. „Dafür gibt es keine Anhaltspunkte“, meint dagegen schließlich die Zweite Große Strafkammer.

Rückschlüsse auf das für kommende Woche angesetzte Urteil können daraus freilich nicht gezogen werden. Gestern standen die Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigern auf der Tagesordnung. Die Positionen beider Seiten – völlig entgegengesetzt.

Für Staatsanwalt Wolfgang Spies steht nach der Anhörung dutzender Zeugen und mehreren Gutachten fest: „Der Angeklagte hat sein Autohaus angezündet, nicht der große Unbekannte.“ Der damalige Autohändler sei hoch verschuldet gewesen und verzweifelt, „weil er sein Lebenswerk zugrunde gehen sah“. Hauptbelastungsindiz: die mit Benzin bespritzte Kleidung des Angeklagten. Spies’ Forderung: Drei Jahre und neun Monate Gefängnis.

Auf „Freispruch“ plädieren dagegen die Anwälte des Angeklagten, Frank Schulze und Otmar Schaffarczyk. Rhetorisch brillant die Argumentation Schulzes: Seiner Ansicht nach hatte der Angeklagte weder Motiv noch Anlass, die Firma anzustecken. „Er war durch den ins Auge gefassten Verkauf seines Privathauses und Zugeständnissen der Gläubiger saniert, seine Firma wieder auf dem aufsteigenden Ast.“ Ähnlich argumentiert auch Schaffarczyk: „Der geschäftliche Zug lief wieder an. Warum hätte mein Mandant da die Notbremse ziehen sollen?“

Das letzte Wort hat der bis dato schweigsame Angeklagte. „Ich habe meine Firma nicht angezündet“, sagt er. Wem das Gericht mehr Glauben schenkt, entscheidet sich am Freitag kommender Woche. Dann fällt das Urteil.

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