Niederlage für gekündigten H&M-Betriebsrat vor dem Arbeitsgericht

Trier · Schlappe für die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und den Trierer H&M-Betriebsratsvorsitzenden Damiano Quinto. Der Modekonzern darf den Mitarbeitervertreter vor die Tür setzen, entschied am Dienstag das Arbeitsgericht Trier. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

"Ich bin fassungslos, mir fehlen die Worte." Das Urteil der zweiten Kammer des Trierer Arbeitsgerichtes unter Vorsitz von Richterin Uta Lenz hat Damiano Quinto ziemlich mitgenommen. Auch Verdi-Sekretär Jürgen Rinke-Oster ist entsetzt, kündigt aber umgehend an, dass man den Spruch nicht stehenlassen wolle: "Wir werden vors Landesarbeitsgericht gehen", sagt der Gewerkschaftssekretär. In diesem Fall ist das Urteil aus Trier zunächst noch nicht rechtskräftig und damit die Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden Quinto noch unwirksam.
Rechtsanwalt Volker von Alvensleben aus Hamburg, der den Modekonzern H&M vertritt, fühlt sich indes mit seiner Auffassung bestätigt: "Das Gericht ist unserer Argumentation gefolgt. Wir sind mit dem Ausgang zufrieden."

Der Fall: Damiano Quinto hat als Betriebsratsvorsitzender in Trier, Konzern- und Gesamtbetriebsratsmitglied, einige Erfahrungen mit dem Arbeitgeber H&M gesammelt. Andere H&M-Filialen fragten Quinto nun als Beisitzer in sogenannten Einigungsstellen an. Ein solches Gremium soll zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat vermitteln, wenn beide Seiten unterschiedlicher Auffassung sind. Der beteiligte Betriebsrat ist bei der Wahl seines Beisitzers frei, ein externer Experte kann seine Beteiligung nach einem festgeschriebenen Honorarsatz abrechnen.

Bei seiner eigenen H&M-Filiale hatte Quinto den Beisitzerjob als Nebentätigkeit angezeigt, das Unternehmen untersagte ihm dies jedoch. Quinto nahm trotzdem während Urlaubs- oder Freizeit an Terminen von Einigungsstellen teil und wurde deshalb abgemahnt. Nach wiederholten Fällen sprach H&M mehrfach ein sogenanntes Kündigungsbegehren aus. Als Betriebsratsmitglied genießt Quinto besonderen Schutz. Der Betriebsrat muss einer Kündigung zustimmen, bevor sie rechtswirksam wird. Diese Zustimmung verweigerte der Trierer Betriebsrat; ein Arbeitsgericht kann sie jedoch ersetzen.

Das Urteil: Dies hat das Arbeitsgericht gestern getan. Die Vorsitzende Richterin Uta Lenz argumentierte, dass Damiano Quinto zunächst den Spruch des Gerichts hätte abwarten müssen, bevor er weitere Aufträge bei Einigungsstellen annimmt. Zudem sah das Gericht zeitliche Probleme, die durch die Zusatztätigkeit entstehen und einen möglichen Interessenkonflikt sowie Verstöße gegen Verschwiegenheits- oder Loyalitätspflichten.

Schiffbruch erlitt die Gewerkschaft auch mit ihrem Antrag, Nebentätigkeiten von Arbeitnehmern zu erleichtern. In einem weiteren, gleichzeitig verhandelten Verfahren lehnte das Gericht Anträge ab, die Anträge zu Nebentätigkeiten von Arbeitnehmerseite aus erleichtern würden. "Die Anträge sind zu allgemein formuliert", entschied die Vorsitzende Richterin.

Die Reaktion: Michael Rheinbay (Reutlingen), Anwalt von Damiano Quinto, glaubt, dass die Urteile vor der nächsten Instanz keinen Bestand haben: "Das bleibt nicht so stehen." Man werde mit dem Fall vors Landesarbeitsgericht ziehen.

Für Gewerkschaftssekretär Jürgen Rinke-Oster hat das Urteil verheerende Wirkung. "Wenn das Bestand hat, würden die Einigungsstellen geschwächt. Arbeitgeber können Arbeitnehmern die Teilnahme an Einigungsstellen untersagen. Dann wird dort nicht mehr mit gleichen Waffen gekämpft. Wenn die Arbeitnehmerseite keine Beisitzer einsetzen kann, die in dem Bereich fit sind, weil das ein möglicher Interessenkonflikt ist, dann verstehe ich das nicht."

Vergiftete Situation: Die knapp 7000 Unterstützungsunterschriften, die Verdi gegen die Kündigung von Quinto gesammelt und unmittelbar vor Beginn des Prozesses vor der Trierer H&M-Filiale ausgelegt hatte, fanden sich später im Müllsack vor dem Betriebsratsbüro mit der Aufschrift: Euer Eigentum.

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