Freieres Lernen mit Firmenhilfe

Trier · Unternehmen können als Förderer des Deutschlandstipendiums Einfluss auf die Führungskräfteentwicklung in der Region nehmen. Doch das Modell ist vor allem bei kleinen Betrieben kaum bekannt.

Trier. Einen finanziellen Puffer zu haben: Welcher Studierende wünscht sich das nicht? Ausreichend Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt haben: Welches Unternehmen wünscht sich das nicht? Um beide Anliegen zusammenzubringen, ist vor drei Jahren das Deutschlandstipendium geschaffen worden. Bislang kaum bekannt, sucht es in der Unternehmerschaft Förderer, die für ein Jahr lang einen Studierenden einer Hochschule vor Ort unterstützen. Die Studierenden ihrerseits erhalten ein Jahr lang monatlich 300 Euro - dafür, dass sie ihre Leistungen bringen, aber auch sozial oder gesellschaftlich engagiert sind (siehe Extra).Wie Yannik Trampert. Der 24-jährige Saarländer studiert an der Trierer Uni im zehnten Semester Deutsch und Geschichte auf Lehramt und erhält seit drei Jahren in Folge das Deutschlandstipendium. "Die regelmäßige finanzielle Förderung entlastet mich vor allem zeitlich, und ich hoffe, dass das auch hilfreich sein wird beim Einstieg in den Beruf", sagt er. Denn so kann er seine Zeit für sein Ehrenamt nutzen. Im von ihm mitgegründeten "Theater der härteren Klangart" in Weiskirchen (Saarland) könnte er ohne das Stipendium nicht mehr als Regisseur und Vorsitzender arbeiten. "Wer Spaß am Studium hat und Leistungsbereitschaft zeigt, sollte sich auf jeden Fall bewerben", rät er. Dies bestätigt auch Carmen Biehler, die ebenfalls seit drei Jahren das Deutschlandstipendium erhält. "Man sollte sich auf jeden Fall bewerben, denn es ist ein zusätzliches Taschengeld - selbst bei Bafög", sagt die Studentin der Angewandten Geographie an der Uni Trier. "Ich könnte zwar auch zusätzlich arbeiten, aber das Stipendium verschafft mir mehr Unabhängigkeit", sagt die 20-jährige Saarländerin und plädiert für mehr Kontakte zwischen Förderern und Geförderten. Denn der ist zwar möglich, aber nicht unbedingt Pflicht. "Man möchte mit dem Stipendium die Betriebe nicht instrumentalisieren", sagt Professor Michael Jäckel, Präsident der Universität Trier. Im Gegenteil. "Die Betriebe in der Region Trier sollen unter Beweis stellen, dass ihnen eine Investition in akademische Fachkräfte wichtig ist." Angesichts des Mangels an Führungskräften bei heimischen Unternehmen sei es ein "wichtiges Motivationssignal" für Studierende, in der Region engagierte Betriebe vorzufinden und als Arbeitskräfte hier in der Region zu bleiben. Puzzlearbeit Fachkräftesicherung

Auch Jan Glockauer, Hauptgeschäftsführer der Trierer Industrie- und Handelskammer (IHK), sieht im Deutschlandstipendium eine Möglichkeit für heimische Betriebe, an Führungskräfte zu kommen. "Fachkräftesicherung ist wie ein Puzzlespiel, und ein Stipendium ist ein Teil davon", sagt der Vertreter von 30 000 Industriebetrieben mit rund 90 000 Beschäftigten in der Region. Dabei sei der jährliche Beitrag für ein Unternehmen mit 1800 Euro "relativ überschaubar". Und: "Je mehr Unternehmen sich finden, desto mehr zahlt der Bund zum Stipendium hinzu", sagt Glockauer - nämlich denselben Betrag. Derzeit erhalten gut 60 Studierende an der Uni Trier ein Deutschlandstipendium, ähnlich viele sind es an der Hochschule Trier. Recht wenig, angesichts von rund 23 000 Studierenden in Trier insgesamt. Bundesweit gesehen erhält nicht mal jeder hundertste Studierende eines, doch ihre Zahl wächst rasant, von 2012 auf 2013 allein um 42 Prozent. Und so will auch der Standort Trier verstärkt bei Unternehmen wie Studierenden werben. "Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, auch für die Wirtschaft", wirbt Manfred Bitter, nicht nur Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Trier, sondern auch Vorstand der Nikolaus-Koch-Stiftung. Für ihn als Förderer genauso wie für die Japan Tobacco International (JTI) in Trier geht es darum, Forschung und Wirtschaft in Kontakt zu bringen. Zehn Studierende werden dabei von JTI an acht Hochschulen in Deutschland unterstützt. "Über Förderprogramme junge Talente zu unterstützen und für uns zu rekrutieren, passt hervorragend zur JTI-Unternehmenskultur", sagt Klaus Neureuther, Human Resources Director JTI Deutschland. Und da passe das Deutschlandstipendium perfekt ins Konzept. Extra

Wer kann sich bewerben? Gute Noten sind gefragt, aber nicht erforderlich. Denn auch gesellschaftliches Engagement, etwa im Ehrenamt oder besondere Notwendigkeit wie etwa bei der Pflege eines Angehörigen ist notwendig. So sollten es auch Studierende mit eher durchschnittlichen Noten einfach versuchen. Wo und wann kann man sich bewerben? Die Stipendien vergeben die Hochschulen. Die Bewerbungsfrist kann dabei unterschiedlich sein. Infos gibt es unter www.uni-trier.de und www.hochschule-trier.de Ist das Stipendium kombinierbar? In der Regel nicht. Zumindest dann nicht, wenn die bereits gewährte Förderung 30 Euro im Monat übersteigt. Meist muss man sich dann für eine Förderung entscheiden. Anders sieht es bei Erasmus- und DAAD-Stipendien aus. Sie sollen einen Auslandsaufenthalt finanzieren und sind oft kombinierbar. Infos: dpaq.de/h718qsas/dpa

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