Gewerkschaft bemängelt geringes Lohnniveau in der Region

Trier · Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisiert die niedrigen Löhne unter den gut 150.000 Beschäftigten in der Region Trier und erwartet eine zunehmende Altersarmut. Dass vor diesem Hintergrund qualifizierte Kräfte abwandern, sei kein Wunder, so der DGB-Regionsgeschäftsführer Christian Schmitz.

Der DGB in der Region Trier sieht die Einkommenssituation in der Stadt Trier und den vier Landkreisen als unbefriedigend an. "Die Zahlen belegen, die Region Trier ist ein Niedriglohngebiet", sagt DGB-Chef Christian Schmitz. Zur Untersuchung hat der DGB differenzierte Daten zu den Verdienstunterschieden in der Region Trier, die auf einer Sonderauswertung der Arbeitgebermeldungen zur Sozialversicherung beruhen. Überstundenzuschläge wurden dabei ebenso berücksichtigt wie etwa Weihnachtsgeld. Azubis wurden nicht mitgezählt. Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2010.
"Qualifizierte wandern ab"


Demnach verdient der Durchschnitts-Vollbeschäftigte in der Region mit gut 2500 Euro etwa 180 Euro weniger als Vollzeitbeschäftigte insgesamt in Rheinland-Pfalz und etwa 300 Euro weniger als im Durchschnitt in den alten Bundesländern.
"Wenn hier nach Fachkräften gerufen wird, ist es ein selbst verursachtes Problem. Wir haben ein Problem mit der sozialen Wettbewerbsfähigkeit. Gut Qualifizierte gehen dahin, wo sie mehr verdienen. Für uns ist es im besten Falle noch Luxemburg, so bleiben ihre Einkommen und ihre Wirtschaftsleistung hier in der Region, meistens wandern sie aber in die wirtschaftlichen Zentren im Rest der Republik", sagt DGB-Chef Schmitz.
Die Untersuchung der Gewerkschaft zeigt aber auch bei den Beschäftigtengruppen deutliche Unterschiede:
Männer erzielten meist ein deutlich höheres Bruttomonatsentgelt als Frauen. Im Mittel verdienten sie gut 2734 Euro brutto im Monat gegenüber 1986 Euro bei den Frauen. "Dieser große Verdienstunterschied von 748 Euro monatlich erklärt sich wesentlich durch die geschlechtsspezifischen Tätigkeitsschwerpunkte, aber auch die Lohndiskriminierung von Frauen hat nach gewerkschaftlicher Einschätzung einen Einfluss auf dieses Lohngefälle", sagt Schmitz.

Ohne Ausbildung gibt es deutlich weniger Lohn. Vollzeitjobber ohne abgeschlossene Berufsausbildung verdienten in der Region 2153 Euro brutto im Monat und damit deutlich weniger als in anderen Landesteilen von Rheinland-Pfalz (2277 Euro) oder den alten Bundesländern (2377 Euro) insgesamt. Und auch Beschäftigte mit akademischer Ausbildung verdienen hier nach den DGB-Rechnungen weniger als in vielen anderen Bundesländern.

Christian Schmitz: "Das mittlere Bruttomonatsentgelt der Vollzeitbeschäftigten mit Fachhoch- oder Hochschulabschluss liegt in der Region Trier mit 4067 Euro gleichfalls deutlich niedriger als in den westdeutschen Ländern insgesamt, das bei fast 5000 Euro liegt."
Probleme mit der Rente


Kritisch sieht Gewerkschafts-Chef Christian Schmitz die Entwicklung bei den Renten. Vielen Menschen in der Region drohe Altersarmut. "2010 verdiente weit mehr als die Hälfte aller in Vollzeit beschäftigten Frauen in der Region Trier weniger als 2200 Euro brutto; dies gilt ebenso für über 50 Prozent aller Vollzeitbeschäftigten ohne Berufsabschluss." Die Folgen der Absenkung des Rentenniveaus auf 43 Prozent werde in der Zukunft für viele Beschäftigte und die kommunalen Haushalte in der Region gravierend sein. "Wenn wir unser Produktionspotenzial und unsere Wettbewerbsfähigkeit erhalten und Altersarmut vorbeugen wollen, müssen wir beim Lohnniveau nachlegen. Das heißt, wir brauchen einen gesetzlichen Mindestlohn, die Zurückdrängung prekärer Beschäftigungsverhältnisse und mehr Tarifbindung. Zwei dieser drei Stellschrauben haben wir in der Region selbst in der Hand", sagt DGB-Chef Schmitz.Extra

Die beiden beurteilen die Situation anders: Jan Glockauer, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer: "Das Lohnniveau einzelner Bundesländer oder sogar Regionen gegenüberzustellen, ist wie der Vergleich von Äpfeln und Birnen." Hauptgrund für die Unterschiede sei die uneinheitliche Branchenstruktur im Land. So gebe es beispielsweise in Ludwigshafen deutlich mehr Industrie-Arbeitsplätze als im restlichen Rheinland-Pfalz. In der Industrie würden aber traditionell höhere Gehälter gezahlt als im Handel oder in der Gastronomie. So könne auch das dort insgesamt höhere Lohnniveau nicht verwundern. "Es geht aber nicht darum, wie man den Kuchen verteilt, sondern darum, einen größeren Kuchen zu backen", erläutert Glockauer. Die Unternehmensbasis in der Region müsse gestärkt werden - beispielsweise mit Hilfe der Innovationsberatung der IHK und ihrem Einsatz für gute Standortbedingungen. Steige infolgedessen die Produktivität der Unternehmen, stiegen auch die Löhne. Die Entwicklung der durchschnittlich verfügbaren Einkommen in der Region Trier sei zudem positiv: Der Anstieg lag zwischen 1992 und 2009 bei 52 Prozent und damit deutlich über dem Landesschnitt von knapp 40 Prozent. Mit Blick auf die zunehmende Wirtschafts- und Innovationskraft in der Region geht Glockauer von einer weiteren Verbesserung des Lohnniveaus aus. Am Ende entscheide aber der Markt über die Höhe der Gehälter. "Und das ist auch gut so." Nicht zuletzt habe das moderate Lohnniveau als Wettbewerbsvorteil der Firmen dazu beigetragen, dass hier quasi Vollbeschäftigung herrsche. Lisa Herbrand, Handwerkskammer Trier: "Das Lohnniveau in der Region Trier liegt zwar etwas unter dem Landesdurchschnitt, in den letzten Jahren ist jedoch eine Annäherung an den rheinland-pfälzischen Durchschnitt erfolgt." Zudem sei die Struktur der Region auch geprägt durch die Grenznähe. "Einnahmen, die im Großherzogtum Luxemburg erzielt werden und ebenfalls der Region zugutekommen, finden in der Statistik des DGB keinerlei Berücksichtigung. Würden diese miteinbezogen, sähe das durchschnittliche Lohnniveau der Region deutlich anders aus", findet Herbrand und "das durchschnittliche Lohnniveau ist zwar etwas unter dem rheinland-pfälzischen Landesdurchschnitt, allerdings muss dies auch im Gesamtkontext gesehen werden. Beispielsweise haben wir hier in der Region eine sehr niedrige Arbeitslosenquote zu verzeichnen." hw

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